Tele 5
Interview: Steffen Wulf
 
Jonas Kaufmann 
 
 

TELE 5: Am TELE 5-Opernabend zeigen wir u.a. Bizets ,Carmen' und Puccinis ,Tosca', zwei der berühmtesten Opern überhaupt. Warum sprechen diese Werke auch heute noch so viele Menschen an?

Jonas Kaufmann: In beiden Fällen haben wir eine spannende Handlung mit glaubwürdigen Figuren - und Musik, die sofort ins Blut geht. ,Carmen' besteht ja fast nur aus Hits, die jeder kennt, oft ohne zu wissen, dass sie daraus stammen, denken Sie nur an die Habanera und das Torero-Lied. Und ,Tosca' hat außer den bekannten Arien auch zwei wunderschöne Duette und einen mitreißenden zweiten Akt samt Folterszene, versuchter Vergewaltigung und Mord in Notwehr - diese Mischung von Sex, Crime und toller Musik wirkt heute genauso wie vor 100 Jahren.

Laut Ihrer Website geben Sie zwischen bis Juli in den USA und Europa mehrere Liederabende, Arienabende und singen in vier Opern mit. Wie schwierig ist es, so viel Musik auswendig zu lernen?

Nicht so schwierig wie es vielleicht scheinen mag, zum Glück lerne ich sehr schnell.

Wie viel Zeit verbringen Sie am Tag mit Üben und was tun Sie um Ihre Stimme fit zu halten?

Fürs Körpertraining brauche ich ca. 20 Minuten pro Tag, das ist ein konzentriertes Programm von Gymnastik, Yoga und autogenem Training. Ansonsten singe und probe ich manchmal mehrere Stunden täglich. Natürlich gibt es auch bei mir diesen inneren Schweinehund, aber es hilft ja nichts: Um die Leistung zu bringen, die man von uns erwartet, müssen wir genauso trainieren wie jeder Sportler.

Wie wichtig nehmen Sie Zeitungs-Kritiken?

Wenn sie mir schmeicheln, freue ich mich natürlich. Aber ich denke schon, dass ich so ehrlich zu mir selbst bin, dass ich mich nicht von hymnischen Kritiken blenden lasse, wenn ich weiß, dass es nicht mein bester Abend war. Sachkundige und konstruktive Kritiken nehme ich grundsätzlich ernst und bemühe mich davon zu lernen. Wenn aus einer Kritik aber Ignoranz und Häme sprechen, versuche ich sie zu vergessen und mich nicht darüber zu ärgern.

Wie können Sie vor einer Aufführung abschalten? Sind Sie immer noch so nervös wie beim ersten Mal?

Nein, zum Glück habe ich schon seit Jahren kein Lampenfieber. Manche Kollegen staunen, wie ruhig ich vor einer Vorstellung bin. Abschalten kann ich am besten mit autogenem Training.

Welche Opernrolle, die Sie noch nicht gesungen haben, würden Sie gerne mal singen?

Oh, da gibt es viele. Zum Beispiel Verdis Manrico und Alvaro, die ich im Verdi-Jahr 2013 zum ersten Mal singen werde. Außerdem fehlen mir noch der Riccardo in „Un Ballo in Maschera" und der Otello in meiner Verdi-Sammlung. Dann Wagners Tannhäuser. Die Rolle steht auf meiner Liste ganz oben, seit ich im Sept. die Romerzählung für mein neues Wagner- Album aufgenommen habe. Und im französischen Repertoire wünsche ich mir unbedingt den Hoffmann.

Rockstars haben ja bekanntlich Groupies. Startenöre eigentlich auch?

Ja sicher. Auch Soprane. Wenn Sie in den Memoiren von Birgit Nilsson lesen, dass sie jahrelang von einer Frau gestalked wurde, dann werden Sie sehen, dass der Unterschied zwischen Opern- und Rockstar-Fans gar nicht so groß ist.

Eine Kinoneuverfilmung von Kálmáns berühmtester Operette ‚Gräfin Mariza‘ soll mit Ihnen und Anna Netrebko produziert werden. Gibt es Neuigkeiten zu dem Projekt?

Das ist noch kein Projekt, bisher nur wishful thinking. Da Anna und ich gern Operette singen, hat uns Yvonne Kálmán, die Tochter des Komponisten, gefragt, ob wir uns eine Verfilmung von „Gräfin Mariza" oder der „Csardasfürstin" vorstellen können. Sicher würde uns das Spaß machen. Keine Ahnung, wie es dazu kam, dass eine Zeitung schon von einem „Projekt" berichtete.

Inwieweit spielt Musik bei der Erziehung Ihrer drei Kinder eine Rolle?

Insoweit, dass wir sie weitgehend an unserem Beruf teilhaben lassen, sie mit zu Proben und Aufführungen nehmen, mit ihnen musizieren und Musik hören.

Welche Art von Musik gefällt Ihnen außer Oper?

Lieder, Kammermusik, Sinfonik - in der Klassik eigentlich die ganze Palette. Und neben Klassik höre ich ein breites Spektrum von Musik, von klassischem Jazz bis Rock und Pop.

Sie führen ein Leben zwischen Hotelzimmern, Theatern und Konzerthaus. Was tun Sie, damit das Privatleben nicht zu kurz kommt?

Fragen Sie lieber, was ich tun MÜSSTE! Nicht so viele Termine zusagen, die mir dann hinterher viel von der Zeit wegnehmen, die ich mit meiner Familie und mit Freunden verbringen möchte.

Ist gutes Aussehen für eine Karriere als Opernsänger förderlich, hinderlich oder irrelevant?

Im Zeitalter von TV und Internet ist gutes Aussehen eher förderlich, aber bei Opernsängern darf es nicht das erste Kriterium sein. Das sollte immer noch die

Wie feiern Sie Silvester, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?

Ganz ruhig im kleinen Kreis, meist mit meiner Familie und Freunden.

Was bedeuten Ihnen die zahlreichen Auszeichnungen (Gramophone Award, Echo, Diapason d'Or), die Sie in den letzten Jahren erhalten haben?

Eine Anerkennung meiner beruflichen Leistung, über die ich mich riesig freue.

Sie haben auch beim CHAMPIONS LEAGUE FINALE 2012 in München gesungen. Gibt es einen Traum-Event, auf dem Sie singen wollen?

Traumhaft wäre, wenn die Bayern es beim nächsten Mal schaffen und ich zur Feier des Tages singen könnte.







 

 






 
 
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