Beim "Ball der
Künste" sprang er für Rámon Vargas ein, zuletzt sang er die Tenorpartie in
der "Missa Solemnis" unter Kent Nagano. Aber sonst hatte der Münchner Jonas
Kaufmann in seiner Heimatstadt kaum Auftritte. Der künftige
Nationaltheater-Chef Klaus Bachler wird das ändern. Als Vorgeschmack gibt
der Sänger am 24. Februar einen Arienabend im Herkulessaal. Und am Freitag
erscheint eine Arien CD.
AZ: Herr
Kaufmann
Ihre Karriere erinnert stark ans Sprichwort vom Propheten der im eigenen
Land nichts gilt.
JONAS
KAUFMANN:
Stimmt. Ich bin nach dem Studium erstmal durch die Lande gezogen. Vor acht
Jahren kam ich wieder nach München zurück. 2003 übersiedelte ich dann mit
meiner Familie nach Zürich. Anfangs hatte ich Angst, weil man ohne
Arbeitsvertrag die Schweiz ja wieder verlassen muss. Der Intendant Pereira
ist bekannt dafür solche Zwangslagen auszunutzen . Aber mittlerweile ist das
Gesetz für EU Bürger geändert.
AZ: Die Züricher
Oper ist derzeit Ihr Stammhaus.
JONAS
KAUFMANN:
Ich mag es sozusagen in Hausschuhen zum Theater laufen zu können. Das Haus
ist wegen der vielen Premieren, Wiederaufnahmen und DVD-Produktionen für
Sänger ausgesprochen attraktiv.
AZ: Aber
nun steht Ihre Rückkehr nach München bevor.
JONAS
KAUFMANN:
Ich habe mich früh mit Klaus Bachler getroffen. Nach meinem Eindruck
möchte er an frühere Zeiten anknüpfen, in denen Sänger wie Julia Varady oder
Wolfgang Brendel mit München als Stammhaus im Rücken ihre Weltkarriere
aufbauten. Von der nächsten Spielzeit an werde ich jedes Jahr eine Premiere
und eine Wiederaufnahme machen. Bei den Festspielen 2009 singe ich den
„Lohengrin“, während der Probenzeit wird es mehrere Abende als Alfred in „La
traviata“ geben, damit das Publikum nicht glaubt, ich sei ganz Wagner
verfallen.
AZ: Der
Wechsel ins dramatische Fach war bei vielen Sängern der Anfang vom Ende.
JONAS
KAUFMANN:
Klar. Dafür gibt es viele berühmte Beispiele. Aber mein Repertoire
hinkt derzeit der Stimme hinterher.
Dramatische Rollen sind für
sie wie ein Rohrreiniger. Als ich meinen ersten Florestan sang fühlte
ich mich wie befreit. Nach dem Ferrando in Mozarts „Così“ bin ich ausgepumpt
und habe Muskelkater. Parsifal fällt mir leichter. Aber ich denke, die
Mischung aus deutschen, französischen und italienischen Rollen macht’s.
AZ: Viele
Opernfans mögen Arienabende nicht besonders. Können Sie das verstehen?
JONAS
KAUFMANN:
Ja. Aber ich singe kein Sammelsurium aus Schmonzetten, sondern ein
positives Potpourri meines derzeitigen Opernwirkens. Auf dem Programm stehen
Ausschnitte aus Werken, die ich derzeit auf der Bühne singe. Aber ich gebe
die beiden Konzerte in München und Hamburg auch, um in Deutschland bekannter
zu werden.
AZ: Sie
haben kürzlich mit Angela Gheorgiu in „La traviata“ an der New Yorker Met
gesungen. Ist sie wirklich so zickig?
JONAS
KAUFMANN:
Ich war nach den vielen Geschichten auf alles gefasst. Sie kam bei
Proben zu spät, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber wenn es zur Sache geht,
ist sie kollegial. Auf der Bühne gab es keine Rivalität beim Halten hoher
Töne.
AZ: Sie
waren sicher ein hübsches Paar.
JONAS
KAUFMANN:
Die Presse sprach in Anspielung auf Brad Pitt und Angelina Jolie von
„Brangelina on stage“. Ich schließe bei so etwas die Augen und denke mir,
hoffentlich ist das nur ein Zuckerl, das wir zusätzlich zum Gesang bieten.
In 20 Jahren bin ich kein Schönling mehr, aber singen möchte ich immer noch.
Da muss ich dann andere als körperliche Argumente bringen.
AZ: Haben
Sie südländische Vorfahren?
JONAS
KAUFMANN:
Nicht im Entferntesten! In Deutschland ist das Exotische noch immer
interessant. Viele denken, im Süden wird die Herzschmerzromantik mit der
Muttermilch aufgesogen. Deshalb ist es immer etwas schwerer für mich, in
Verdi oder Puccini-Rollen besetzt zu werden. Ein Agent hat mir am Anfang
meiner Karriere geraten, ich solle mir einen italienischen Namen zulegen.
Aber ich wollte mich lieber mit Qualität durchsetzen.
AZ:
Trotzdem hört das Auge mit.
JONAS
KAUFMANN:
Für mein Aussehen kann ich nichts, aber es ist ein Vorteil, den ich
mit Freuden mitnehme. Oper muss mit den anderen visuellen Medien mithalten.
Wenn wir nur herumstehen, können die Leute auch eine CD einlegen und zu
Hause eine Flasche Rotwein aufmachen.
Interview: Robert Braunmüller |