Münchner Abendzeitung, 15. Januar 2008
Interview: Robert Braunmüller
 
Der Münchner Tenor Jonas Kaufmann über seine Zukunft

Beim "Ball der Künste" sprang er für Rámon Vargas ein, zuletzt sang er die Tenorpartie in der "Missa Solemnis" unter Kent Nagano. Aber sonst hatte der Münchner Jonas Kaufmann in seiner Heimatstadt kaum Auftritte. Der künftige Nationaltheater-Chef Klaus Bachler wird das ändern. Als Vorgeschmack gibt der Sänger am 24. Februar einen Arienabend im Herkulessaal. Und am Freitag erscheint eine Arien CD.  

AZ: Herr Kaufmann Ihre Karriere erinnert stark ans Sprichwort vom Propheten der im eigenen Land nichts gilt.  

JONAS KAUFMANN: Stimmt. Ich bin nach dem Studium erstmal durch die Lande gezogen. Vor acht Jahren kam ich wieder nach München zurück. 2003 übersiedelte ich dann mit meiner Familie nach Zürich. Anfangs hatte ich Angst, weil man ohne Arbeitsvertrag die Schweiz ja wieder verlassen muss. Der Intendant Pereira ist bekannt dafür solche Zwangslagen auszunutzen . Aber mittlerweile ist das Gesetz für EU Bürger geändert.  

AZ: Die Züricher Oper ist derzeit Ihr Stammhaus.  

JONAS KAUFMANN: Ich mag es sozusagen in Hausschuhen zum Theater laufen zu können. Das Haus ist wegen der vielen Premieren, Wiederaufnahmen und DVD-Produktionen für Sänger ausgesprochen attraktiv.  

AZ: Aber nun steht Ihre Rückkehr nach München bevor.

JONAS KAUFMANN: Ich habe mich früh mit Klaus Bachler getroffen. Nach meinem Eindruck möchte er an frühere Zeiten anknüpfen, in denen Sänger wie Julia Varady oder Wolfgang Brendel mit München als Stammhaus im Rücken ihre Weltkarriere aufbauten. Von der nächsten Spielzeit an werde ich jedes Jahr eine Premiere und eine Wiederaufnahme machen. Bei den Festspielen 2009 singe ich den „Lohengrin“, während der Probenzeit wird es mehrere Abende als Alfred in „La traviata“ geben, damit das Publikum nicht glaubt, ich sei ganz Wagner verfallen.

AZ: Der Wechsel ins dramatische Fach war bei vielen Sängern der Anfang vom Ende.

JONAS KAUFMANN: Klar. Dafür gibt es viele berühmte Beispiele. Aber mein Repertoire hinkt derzeit der Stimme hinterher. Dramatische Rollen sind für sie wie ein Rohrreiniger. Als ich meinen ersten Florestan sang fühlte ich mich wie befreit. Nach dem Ferrando in Mozarts „Così“ bin ich ausgepumpt und habe Muskelkater. Parsifal fällt mir leichter. Aber ich denke, die Mischung aus deutschen, französischen und italienischen Rollen macht’s.

AZ: Viele Opernfans mögen Arienabende nicht besonders. Können Sie das verstehen?

JONAS KAUFMANN: Ja. Aber ich singe kein Sammelsurium aus Schmonzetten, sondern ein positives Potpourri meines derzeitigen Opernwirkens. Auf dem Programm stehen Ausschnitte aus Werken, die ich derzeit auf der Bühne singe. Aber ich gebe die beiden Konzerte in München und Hamburg auch, um in Deutschland bekannter zu werden.

AZ: Sie haben kürzlich mit Angela Gheorgiu in „La traviata“ an der New Yorker Met gesungen. Ist sie wirklich so zickig?

JONAS KAUFMANN: Ich war nach den vielen Geschichten auf alles gefasst. Sie kam bei Proben zu spät, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber wenn es zur Sache geht, ist sie kollegial. Auf der Bühne gab es keine Rivalität beim Halten hoher Töne.

AZ: Sie waren sicher ein hübsches Paar.

JONAS KAUFMANN: Die Presse sprach in Anspielung auf Brad Pitt und Angelina Jolie von „Brangelina on stage“. Ich schließe bei so etwas die Augen und denke mir, hoffentlich ist das nur ein Zuckerl, das wir zusätzlich zum Gesang bieten. In 20 Jahren bin ich kein Schönling mehr, aber singen möchte ich immer noch. Da muss ich dann andere als körperliche Argumente bringen.

AZ: Haben Sie südländische Vorfahren?

JONAS KAUFMANN: Nicht im Entferntesten! In Deutschland ist das Exotische noch immer interessant. Viele denken, im Süden wird die Herzschmerzromantik mit der Muttermilch aufgesogen. Deshalb ist es immer etwas schwerer für mich, in Verdi oder Puccini-Rollen besetzt zu werden. Ein Agent hat mir am Anfang meiner Karriere geraten, ich solle mir einen italienischen Namen zulegen. Aber ich wollte mich lieber mit Qualität durchsetzen.

AZ: Trotzdem hört das Auge mit.

JONAS KAUFMANN: Für mein Aussehen kann ich nichts, aber es ist ein Vorteil, den ich mit Freuden mitnehme. Oper muss mit den anderen visuellen Medien mithalten. Wenn wir nur herumstehen, können die Leute auch eine CD einlegen und zu Hause eine Flasche Rotwein aufmachen.

Interview: Robert Braunmüller






 
 
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