Bild, 25.06.2023
Von: TANJA MAY
 
„Stille ist etwas Wunderbares
STAR-TENOR JONAS KAUFMANN LIEBT DIE RUHIGEN MOMENTE
 
Auch ein weltberühmter Star-Tenor, der die Menschen mit seiner Stimme berührt und erfreut, hält gern mal seinen Mund. „Stille ist etwas Wunderbares“, sagt Jonas Kaufmann (53) zu BILD.

Er erlebe und genieße diese besonderen Momente in der Natur.

„Wenn ich mit dem Segelboot unterwegs bin. In den Bergen oder im Wald, und rundum nichts höre, außer vielleicht das Plätschern von Wasser oder Vogelgezwitscher. Da fällt einem erst auf, mit wie viel Lärm und Geräuschen wir im Alltag permanent zurechtkommen müssen.“

Am Meer zu sitzen, aufs weite Wasser zu blicken und schweigen zu können. „Das entspannt mich“, sagt Jonas Kaufmann. Seltene Momente der inneren Ruhe für den verheirateten Familienvater.

„Diese Augenblicke genieße ich unwahrscheinlich. Sie sind der größtmögliche Kontrast zu meinem Beruf, in dem Lärm, zwar in einer sehr angenehmen Art, eine große Rolle spielt.“

Es war 2006, als der gebürtige Münchner sein Debüt feierte an der Metropolitan Opera New York. Seitdem gehört er zu den Top-Stars der Klassik, reist um die ganze Welt.

Als BILD mit Jonas Kaufmann telefoniert, sitzt er in seiner gemieteten Arbeitswohnung in London, bis Anfang Juli steht er im Royal Opera House auf der Bühne.

Seine Frau und sein vierjähriger Sohn werden ihn für eine Woche besuchen.

„Wir haben uns als Familie für ein gemeinsames Nomadenleben entschieden. Noch geht unser Kleiner nicht zur Schule, da besteht die Möglichkeit, dass meine Frau und der Kleine mich zwischendurch besuchen können“, sagt Jonas Kaufmann.

Der Klassik-Star hat vier Kinder aus zwei Ehen, seine älteste Tochter feiert bald 25. Geburtstag. Mit allen Kindern verbindet ihn ein enges Band.

„Sie sind das erdende Element und sorgen dafür, dass man nicht abhebt. Zu Hause bin ich Papa und Ehemann. Meine Familie bringt mir viel Liebe und Respekt entgegen. Aber sicher nicht dieselbe Begeisterung wie mein Publikum.“

Er lacht. „Das ist auch ganz richtig so. Man verliert sonst den Kontakt zur Realität. Ich habe das Glück, jetzt noch mal in der zweiten Runde ein Kind aufwachsen zu sehen. Das ist eine helle Freude.“

Jonas Kaufmann ist dankbar für diese Chance. „Ich muss nicht mehr um jeden Preis der Karriere nachjagen. Die habe ich bereits, genieße sie auch in vollen Zügen. Aber eben etwas selektierter als früher. Meiner Familie zuliebe.“

Seine Tochter hat 2021 geheiratet. Gibt es schon ein Enkelkind? „Nein. Aber ich erwarte welche in den nächsten Jahren.“ Keines seiner Kinder plane eine Musikkarriere.

„Alle vier sind musikalisch, haben auch Spaß an Musik. Aber sie brennen nicht dafür und dann finde ich es richtig, dass sie ihren eigenen Weg gehen. Der Kleine ist ein großer Entertainer, erzählt überall Witze. Mal sehen, was da noch kommt.“

Am 8. Juli singt Jonas Kaufmann in Berlin auf der Waldbühne. Zusammen mit der Sopranistin Rachel Willis-Sørensen präsentiert er italienische Arien und Duette sowie Sternstunden der Wiener Operette und des Tonfilm-Schlagers der 20er- und 30er-Jahre.

Natürlich wird auch seine Familie im Publikum dabei sein.

Und für das kommende Jahr gibt es berufliche Neuigkeiten: Jonas Kaufmann wird Intendant bei den Tiroler Festspielen Erl. „Das ist kein Schritt in Richtung Pensionierung.“

Sondern, so sagt er, ein zweites Standbein neben seinem Beruf als Tenor. „Ich werde auch weiterhin singen, denn ich bin nicht satt von diesem Beruf, ganz und gar nicht.“

















 
 
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