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Mittelbayerische, 09. Oktober 2019 |
Von Martina Scheffler |
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Kaufmann und die Freuden der Auszeit
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Erst Berlin, jetzt Wien: Der Opernstar
hat sich wieder eine Metropole vorgenommen. Ihm ist wichtig, auch mal
abzuschalten.
Der Start in die kalte Jahreszeit wird kein
Spaziergang für Jonas Kaufmann. Nicht mal den neuesten seiner vielen Preise
kann er selbst entgegennehmen: Der Opus Klassik, Nachfolger des
eingestampften Echo Klassik, wird am Sonntag in Abwesenheit an den Tenor
verliehen. Kaufmann, der den Preis in der Bestseller-Kategorie für „Eine
italienische Nacht“ bekommt, ist dann schon in Wien, um sein neues,
gleichnamiges Album vorzustellen.
Im Juli sagte er in München noch
wegen einer hartnäckigen, nicht auskurierten Erkältung zwei Auftritte ab.
„Ich bin im Vollbesitz meiner Kräfte“, sagt der 50-Jährige nun der Deutschen
Presse-Agentur. Die Saison sei lang gewesen und er habe zu früh wieder zu
singen begonnen. „Ich hatte jetzt vier Wochen keine Aufführungen und das
macht sich natürlich auch positiv bemerkbar. Das hat man selten. Und weil
ich eben auch versuche, nicht jeden Tag zu singen oder jeden zweiten,
sondern jeden dritten oder vierten eine Aufführung zu machen.“
Mehr kleine Freizeithäppchen
Wichtig seien ihm
„diese kleinen Momente zwischendurch“. Wobei – auch Aufführungstage sieht
der Weltstar als „absolute Freizeittage“: „Allein das Gefühl: Heute wird das
Telefon wahrscheinlich kaum läuten, keiner schreibt mir E-Mails, keine
wichtigen Anfragen, weil ich ja Vorstellungen habe oder gar Premiere.“
Dabei geht es dem 50-Jährigen, der im Frühjahr noch einmal Vater eines
Sohnes geworden ist, auch darum, die Zeit zu nutzen: „Der Trend muss zu mehr
kleinen Freizeithäppchen zwischendrin gehen, denn das ist jetzt mit
Sicherheit meine letzte Chance, eine Familie zu genießen und nicht aus der
Ferne zu betrachten.“ In der Tat wirkt der gebürtige Münchner, leger im
weißen Hemd, entspannt, als er in der Bayerischen Staatsoper in seiner
Heimatstadt über sein neues Album „Wien“ plaudert. Kaufmann schwärmt vom
Wiener Umland
Ein Genuss waren für ihn wohl auch die Aufnahmen dafür.
Um die leichtere Muse soll es gehen, Strauß, Robert Stolz, die blühenden
Bäume im Prater, der Heurige in Grinzing. Nach einem Album zu Berlin sei
klar gewesen, dass Wien eine der nächsten Ideen sein werde, erzählt
Kaufmann.
Er schwärmt vom Umland der Stadt, dem Kahlenberg etwa mit
Blick übers Donaudelta, und vom Schweizerhaus im Prater, „einer der
gigantischsten Biergärten“ mit fantastischen Haxen: „ein Gedicht“.
Schwierige Auswahl
Das Auswählen sieht er als die
größte Qual. „Alle meine Lieblingsstücke würden sicherlich nicht auf eine CD
passen. Aber es sind verschiedene Kriterien. Es muss einfach eine Mischung
haben, es darf nicht nur larmoyant sein, es darf nicht nur heiteitei sein,
es muss schon ein bisschen zusammenpassen.“ Und so hat es denn auch ein
Kreisler mit „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ auf das Album geschafft,
als Rausschmeißer sozusagen, während „Wien wird bei Nacht erst schön“ den
Anfang macht.
Dazwischen bekommt der Wien- und Walzerselige, was sein
Herz begehrt: von „Wiener Blut“ über „Lippen schweigen“ bis „Sag beim
Abschied leise „Servus“. Kaufmanns warmes, dunkles Timbre passt zu den
Wiener Liedern, besser vielleicht noch als zum kecken Berlin.
Und
nochmal die alte Kaffeehauskultur beschwören – ein Abgesang? Sie sei „am
Aussterben“, glaubt Kaufmann. „Die großen Kaffeehäuser machen ihr Geschäft
mit den Touristen. Und es schaut alles nur noch so aus, als ob es alt wäre,
und die Kleinen gehen langsam zugrunde. Für Wien ist das besonders tragisch,
weil eben gerade diese Kaffeehäuser eines der typischen Markenzeichen dieser
Stadt sind.“
Kaufmann ist selbst zu einer Marke der Klassik geworden.
Wird er auch wieder nach Bayreuth zurückkehren? Der 50-Jährige gibt sich
zurückhaltend: „Ja, ich glaube, irgendwann wird es schon wieder so weit
sein. Ich glaube, die Bayreuther Festspiele gibt’s noch eine Weile und mich
auch. Da haben wir sicher noch viele Chancen.“ |
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