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Neue Zürcher Zeitung, 6. Dezember 2013 |
Th. B. |
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Verdi – mit Jonas Kaufmann |
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Bei
einem Rezital mit Verdi-Arien liegt das Interesse weniger beim Programm als
bei der Wiedergabe. Das gilt in verstärktem Masse, wenn der Künstler Jonas
Kaufmann heisst und Ausschnitte aus Rollen vorträgt, die er erst seit kurzer
Zeit im Repertoire führt oder für die Zukunft geplant hat. Es spricht für
die umsichtige Entwicklung seiner Karriere und die hervorragende
Vorbereitung seiner Projekte, dass die gewählten Stücke aus «Un ballo in
maschera», «Aida» und «Otello» – Opern, in denen Kaufmann künftig auftreten
will – zu den eindrücklichsten Teilen der CD gehören. Von seiner vokalen
Konstitution her bewältigt er die lyrisch-dramatischen oder dramatischen
Anforderungen souverän: Das dunkle Timbre und die grosse stimmliche
Modulationsfähigkeit, die verhindert, dass sich der vom Dirigenten Pier
Giorgio Morandi flexibel begleitete Tenor in einem Ausdrucksbereich
festfährt, sorgen für satten Wohllaut. Doch damit nicht genug. In «Celeste
Aida» besticht Kaufmann mit einer eleganten Zeichnung der Linien – da gibt
es kein ordinäres Sich-Hinaufschrauben in die Höhe –, und er krönt den
Vortrag mit einem Diminuendo. Eindrücklich auch «Dio! Mi potevi scagliar»
aus «Otello», wo er aus der mit differenzierter Farbe ausgestatteten
Deklamation sich in ein linear-strahlkräftiges Singen steigert. Letzteres
bietet Kaufmann ebenfalls in der Stretta aus dem erst kürzlich in sein
Repertoire aufgenommenen «Trovatore» oder in einer Szene aus «I masnadieri».
Einzig die Schluchzer, mit denen er vor allem die lyrischeren Stücke
durchsetzt – sie sind Geschmackssache und überdies ein wenig altmodisch.
Doch das Singen mit so viel vokaler Substanz scheint im Verdi-Fach ja auch
fast schon einer anderen Zeit anzugehören.
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