|
|
|
|
|
crescendo, 4. September 2020 |
Von Christoph Schlüren |
|
Noble Gestaltung |
|
Jonas
Kaufmann legt unter dem Titel „Selige Stunde“ ein Album mit deutschen
Liedern vor, das sich durch erlesenen Geschmack und feinste Nuancierung
auszeichnet.
27 Lieder (von 17 Komponisten) von Liebe, Sehnsucht und
Traum vereinigt Jonas Kaufmann auf seinem deutschen Album „Selige Stunde“,
dessen Titel sich auf das einzige Zemlinsky-Lied bezieht.
Feinste Nuancierung Kaufmanns Stimme ist nach wie vor zu
feinster Nuancierung fähig, niemals der Beherrschung entgleitend und stets
mit erlesenem Geschmack, auch was Aussprache und Rubato betrifft. Weniger
angetan bin ich von seinem altgedienten Begleiter Helmut Deutsch, dessen
routiniert kleinteilige Agogik ganz besonders in Dvořáks Als die alte Mutter
so willkürlich verzerrt, dass man den durchgehenden Zwei-zu-drei-Gegensatz
nicht hörend mitvollziehen kann.
Jonas Kaufmanns Gabe und Wille,
alles nobel und edel zu gestalten, fasziniert besonders bei den meist in
Sentimentalität ertrinkenden Hits von Friedrich Silcher, Carl Bohm und der
von Alois Melichar geradezu chansonhaft arrangierten, die dramatische
Steigerung opfernden Etüde op. zehn Nr. drei von Chopin (In mir klingt ein
Lied). Ganz besonders schön: Beethovens Adelaïde, Tschaikowskys Nur wer die
Sehnsucht kennt und Schuberts Wanderers Nachtlied.
|
|
|
|
|
|
|