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Augsburger Allgemeine, 15.09.2023 |
VON STEFAN DOSCH
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Jonas Kaufmanns "The Sound of Movies": Der Opernsänger in der Welt des Films |
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Jonas
Kaufmann legt mit "The Sound of Movies" ein Potpourri von Filmmelodien vor.
Ein Repertoire, das der Tenor scheinbar mit links bewältigt - das aber doch
Tücken bereithält.
Der hartnäckige Keim, der seiner Stimme zur
Jahresmitte heftig zusetzte und ihn zu Absagen zwang, scheint überwunden.
Jonas Kaufmann singt wieder, unter anderem war er bei der Gala zum Jubiläum
der Arena von Verona zu hören, und in Kürze wird der Tenor in New York auf
der Bühne erwartet. Hören kann man Kaufmann aber auch auf seinem gerade
veröffentlichten, neuen Album, das bereits im vergangenen Jahr im Studio
aufgenommen wurde. Es ist ein Potpourri-Album, wie es "Star-Tenöre" gerne
vorlegen mit Programmen, denen auch ein Jonas Kaufmann nie abgeneigt war:
Eben nicht dem klassischen Opern-Repertoire, sondern dem leichteren Fach
gewidmet, wie das bei Kaufmann zuletzt mit den Operetten-Samplern aus Wien
und Berlin oder mit seinem Album voller italienischer Canzoni der Fall war.
Nun also ebenso Populäres, denn Kaufmanns neue Platte ist dem Film gewidmet:
"The Sound of Movies" (Sony Classical).
Das Album, das rein optisch
mit der für solche Produktionen typischen Edelfoto-Inszenierung aufwartet
(Kaufmann pseudo-lässig an eine Filmkamera gelehnt) - das Album umfasst 22
Titel, allesamt berühmte Filmmelodien, teilweise wurden hierfür Texte
nachträglich verfasst. Das Spektrum reicht vom Filmmusical ("The Sound of
Music") und der Liebes-Schnulze ("Love Story") über den Neo-Sandalenfilm
("Gladiator") bis zum Vietnam-Kriegsepos ("The Deer Hunter"). Kaufmann singt
sich durch das Gemischtwarenangebot vor allem mit Routine, tieferes
Vordringen in die jeweiligen Songs und Themes ist jedenfalls nicht zu
vernehmen, vieles mutet an, als begegnete der Tenor den Texten zum ersten
Mal.
Der Tenor Jonas Kaufmann und die Frage: Wie singt man Film?
Aber auch an anderer Stelle wirkt Kaufmann unentschlossen in der Frage,
wie die Stimme intonieren soll: rein mit dem Brustregister, überwiegend mit
Kopfstimme, oder doch lieber mit einer Mixtur aus beidem? Nicht immer trifft
Kaufmann die beste Wahl. Im Thema aus "The Cider House Rules" spürt man,
dass die Melodie nicht als Gesangsstück komponiert wurde und somit gerade
Opernsänger hier letztlich nicht überzeugend klingen. Ein besonders
hervorstechendes Beispiel auf dem Album ist "Moon River", das dem Tenor zum
schmalzigen Gesäusel missrät. Verwundert nimmt man auch wahr, dass der
Sänger diesmal recht lax die fremdsprachige Lautgebung handhabt. Nicht nur
das Englische, das hier mit deutlichem German Touch daherkommt, sondern auch
das mit gehauchten Konsonanten durchsetzte Italienische irritieren. Umso
mehr, als Kaufmanns italienische Opernpartien sonst durch tadellose Diktion
bestechen.
Glücklicherweise hält "The Sound of Movies" aber auch
Momente parat, in denen Kaufmann seine unbestreitbaren Qualitäten offenbart.
Da ist dieser betörend maskuline Zugriff auf die Höhen über dem
Liniensystem, da sind die Glut und der Schmelz, womit Kaufmann den
heldisch-kraftvollen Strahl zu ummanteln vermag, da sind Fülle und Wärme,
die den mittleren Bereich seiner Stimme grundieren. Qualitäten, die gerade
dort gefordert sind, wo sich die Filmthemen dem Opernhaften annähern wie
Ennio Morricones "Deborah's Theme" aus "Once Upon a Time in America". Hier
mag auch der Breitwand-Sound durchgehen, den Jochen Rieder als Dirigent des
Tschechischen Nationalorchesters Prag fast durchgängig verordnet.
Das wär' was fürs Repertoire! Lieber also wartet, hofft man auf Kaufmanns
nächste Opernaufnahme. Vielleicht wieder mit Antonio Pappano am Pult, mit
dem er bereits mehrfach und sehr überzeugend Verdi und Puccini vorgelegt
hat? Nächstes Frühjahr singt Kaufmann bei den Salzburger Osterfestspielen
unter Pappano (und neben Anna Netrebko) in Ponchiellis "La Gioconda". Eine
Einspielung davon, das wär' doch was fürs Tonträger-Repertoire! |
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