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Crescendo, 16. September 2023
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von Ilaria Heindrich |
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»Ich bin die Liebe!«
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Jonas
Kaufmann und Anja Harteros begeisterten 2017 als tragisches Paar in
Umberto Giordanos »Andrea Chenier«. Nun liegt die Aufnahme aus der
Bayerischen Staatsoper auf DVD und Bluray vor.
Liebe,
Freiheit und Musik: Umberto Giordanos Oper Andrea Chénier gilt als
eines der bedeutendsten Werke des italienischen Verismo. Doch muss
die Oper leider heute noch oftmals im Schatten bekannterer Werke
verblassen. Auch die Bayerische Staatsoper brachte Giordanos
Meisterwerk rund um das tragische Schicksal des Dichters Andrea
Chenier und seiner Geliebten Maddalena während der französischen
Revolution erst 2017 auf die Bühne.
Ausgezahlt hat sich die
lange Wartezeit allemal. Unter der von Regie Philipp Stölzl entfaltet
sich ein mitreißender Opernabend, der sowohl visuell, musikalisch,
dramaturgisch als auch gesanglich vollumfänglich überzeugen kann.
Stölzl, der auch als Filmregisseur große Erfolge feiert, lässt sich
in seiner Interpretation des Werkes von den cinematografischen
Anleihen des Stückes inspirieren: „Das rasante Erzählen mit seinen
glaubhaften Gesprächs- und Emotionsbögen vermittelt fast den
Eindruck, als hätte Giordano gerne einen Spielfilm gedreht, aber noch
nicht die nötige Technik zur Verfügung gehabt.“ Um dieser rasanten und
komplexen Erzählstruktur gerecht zu werden, unterteilt der Regisseur
das opulente Bühnenbild in verschiedene Ebenen: Während das arme Volk
wortwörtlich unten schuftet, hofiert der Adel über ihnen.
Mit
einzigartiger Bühnenpräsenz und großem Einfühlungsvermögen
überzeugen Jonas Kaufmann und Anja Harteros in dieser opulenten
Kulisse als tragisches Liebespaar. Kaufmanns dunkle Stimmfarbe
verleiht seiner Verkörperung des Andrea Chénier den nötigen
emotionalen Tiefgang. Seine Stimme besitzt sowohl die nötige
Strahlkraft als auch den weichen Schmelz, um Giordanos Partitur
gerecht zu werden.
Anja Harteros dürfte mit ihrem Rollendebüt
als Maddalena wohl das stimmliche Highlight gewesen sein. Mit Ihrer
Darbietung der Arie La mamma morta gelingt es ihr innerhalb weniger
Minuten fast das gesamte Spektrum menschlicher Emotionen zu
offenbaren: Entrüstung, Leid, Schmerz, Trost, Hoffnung und Euphorie
spiegeln sich alle gleichsam in ihrer Stimme. Und singt Harteros
schließlich ihr finales, kathartisches „Io sono L’Amore – ich bin die
Liebe“, kann man sich ihrem unglaublichen musikalischen Sog nicht
mehr entziehen.
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