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Abendzeitung, 1. August 2010 |
Christa Sigg |
Liederabend, München 30. Juli 2010 |
Zwischen den weiten Welten
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Münchner Opernfestspiele: Tenor Jonas Kaufmann wird für seinen
Liederabend frenetisch gefeiert |
Bildunterschrift: Gelöst nach einem schweren Lied-Programm: Jonas Kaufmann
füllt auch mit Schumann und Mahler das Nationaltheater.
Foto: Wilfried Hösl |
Der
kluge Tenor baut vor. Und nimmt den gerne bekrittelten Notenständer zum
Anlass, eine entwaffnend charmante Entschuldigung ins Publikum zu werfen:
Den Kopf hat Jonas Kaufmann voll. Klar, mit Lohengrin und Cavaradossi. Und
man wundert sich eh, wie das alles so geht im Sauseschritt zwischen Bayreuth
und München und Salzburg und Luzern, wo der bewusst Vielseitige in zwei
Wochen gleich noch die nächste Paraderolle stemmt: den Florestan nämlich in
einem – wenigstens – konzertanten „Fidelio“.
Der Notenständer stand also da und fand dann doch kaum Beachtung. Sicher ist
sicher, wobei man den einen oder anderen Dreher (der sich durchaus
einschlich) sowieso verzeiht. Das Eis jedenfalls war gebrochen; Helmut
Deutsch blinzelte seinem Ex-Eleven noch vom Flügel aus zu, und das
schwergewichtige Programm hätte einen leichten, entspannten Anlauf nehmen
können. Nur schien Kaufmann tatsächlich noch in einem andern Land, unnahbar
unsren Schritten. Vielleicht aber auch einfach nervös.
Gustav Mahler mundet schon besser
Die ersten sechs Schumann-Lieder nach Gedichten von Heinrich Heine dienten
der Orientierung – in den Weiten des Nationaltheaters und in der intimen
Welt des wahren Solos. Dieses Terrain beherrscht Kaufmann dramaturgisch, er
phrasiert klug, singt wunderbar textverständlich. Nur scheint die Stimme auf
jeden Forteausbruch zu warten, gerade auch in den Höhen. Das passt beim
„Belsazar“, der zum Krimi mutiert. Doch bis die „Märzveilchen“ dezent zu
duften beginnen, sich die Flügel der „Sehnsucht“ (eher angestrengt) weiten,
dauert’s. Und für die Farben, die feinen Stimmungsnuancen ist vor allem der
famose Helmut Deutsch zuständig.
Gustav Mahler mundet da schon besser. In den düster bitteren
„Kindertotenliedern“ darf Kaufmanns Timbre endlich changieren – das hat Reiz
–, soll die dunkle Stimme ruhig giften „In diesem Wetter, in diesem Braus“.
Und in aufregendem Kontrast machen sich wohlig wärmende Tiefen „Im Lenz“
neben strahlenden Gipfeln („Und freu dich“) breit.
Sicher, die allseits bekannten Liedgurus haben oft Eindringlicheres, auch
Raffinierteres zu bieten. Nur singen die eher keinen Wagner und erst recht
keinen Puccini. Also gab’s Ovationen für Jonas, den Multi-Mann. |
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