Mit dem ungleichen Opernzwilling "Cavalleria rusticana" und
"Pagliacci" eröffnete Christian Thielemann am Wochenende die
Salzburger Osterfestspiele. Startenor Jonas Kaufmann war dabei
gleich in zwei Rollen zu erleben.
Jonas Kaufmann lässt keine
Wünsche offen. Da steht ein Tenor auf der Bühne, der ganz fabelhaft
singt und außerdem auch große Gefühle glaubhaft und anrührend
darstellen kann. Und mit Emotionen sind die beiden Ende des 19.
Jahrhunderts entstandenen Opern reichlich gesegnet.
Italienische
Oper mit großen Gefühlen
Pietro Mascagni zeigt Turiddu in der
"Cavalleria rusticana" als einen jungen Mann in der Fülle des
Lebens, der den Tod herausfordert und der erste Nerven zeigt, als er
knapp vor dem Duell sich in Todesahnung von seiner Mutter
verabschiedet und von ihr noch einen Kuss erbittet. Canio in Ruggero
Leoncavallos "Pagliacci" hingegen hat seine besten Jahre schon
hinter sich, weshalb sich seine Frau Nedda in den Armen eines
anderen wohler fühlt. Dass der Clown Pagliaccio dann zu seiner Wut
und Verzweiflung dann berufsbedingt noch lachen muss, gehört zu den
Höhepunkten der Opernliteratur.
Diesen Widerstreit der
Gefühle im Gesicht von Jonas Kaufmann mitzulesen, war ein
außerordentlicher Moment der Salzburger Aufführung. Denn Regisseur
Philipp Stölzl zeigt ihn dabei in Großaufnahme. Solche filmischen
Mittel werden ermöglicht durch ein Bühnenbild, das Spiel- und
Projektionsflächen in sechs Boxen vorsieht - in zwei Reihen
übereinander. Sie während der Oper lautlos und rechtzeitig zu
wechseln, ist eine Meisterleistung der Salzburger Bühnenarbeiter.
Für Pagliacci schafft das Regiekonzept tatsächlich ungewohnte
Einblicke.
In der "Cavalleria" hingegen zerhackt der
Ortswechsel den Fluss der Handlung. Er findet unnötiges Kleinklein,
wo doch ein Platz zwischen Kirche und Trattoria auch genügt hätte.
Doch für die Beziehungen zwischen den zentralen Figuren der
"Cavalleria rusticana", für deren Vergangenheit interessiert sich
Stölzl nur wenig. Er legt eine ziemlich banale Mafia-Geschichte über
das Eifersuchtsdrama.
Gezähmter Klang unter
Thielemann
Auch Christian Thielemann und die
Sächsische Staatskapelle Dresden scheinen mit der süffigen
Melodienseeligkeit Mascagnis nicht recht warm geworden zu sein. Man
spürt die Sorge, den Orchesterklang so zu dosieren, dass Sänger und
Sängerinnen gut hörbar bleiben und außerdem die manchmal
komplizierten Bühnenverhältnisse zu koordinieren. Mitreißen von
leidenschaftlichen Gefühlen lässt sich Thielemann nicht.
Leoncavallos Werk hingegen scheint den Intentionen des Dirigenten
eher zu entsprechen.
Hochkarätige Sängerbesetzung
Gesungen wird rund um Jonas Kaufmann äußerst hochkarätig.
Liudmyla Monastyrska trumpft als Santuzza mächtig auf. Ambrogio
Maestri als Alfio zeigt sich so vordergründig böse, wie man das vom
Dorfpaten erwarten darf. Die Partien in Pagliacci sind eher
leichtgewichtig besetzt. Der Sächsische Staatsopernchor Dresden und
der Salzburger Festspiele und Theater-Kinderchor sorgen für das von
beiden Komponisten geforderte bunte Leben auf der Bühne.
Erstaunlicherweise haben weder die Salzburger Festspiele noch das
Osterfestival die beiden Einakter bis jetzt in ihrem Programm
gehabt. Dabei passt "Cavalleria" mit dem berühmten Auferstehungschor
doch perfekt zu den Osterfestspielen.