Am Ende durfte er sie doch noch in die Arme schließen. Drei Akte
lang hatte Angela Gheorghiu auf der Konzertbühne der Deutschen Oper
als Cileas Adriana Lecouvreur die unnahbare Diva gegeben. In
stahlgrau schimmernder Robe, mit manierierter Gestik und
extrovertierter Stimme. Die dunklen Töne der Verzweiflung, das
Höhenfeuer der Eifersucht, das zum Ausdrucksmittel stilisierte
Luftholen, die gestelzte Deklamation - Gheorghius Kunstwesen genügte
sich eigentlich selbst. Doch weil ihr Maurizio Jonas
Kaufmann hieß und in der hier besprochenen Aufführung obendrein
gegen eine Erkältung ansingen musste, legte sie ihren Ego-Panzer in
den letzten vier Nummern für den klangschön und nuanciert, doch mit
einigem Druck singenden Startenor endlich ab. Da war es um
sie freilich schon geschehen - vergiftet Von der Nebenbuhlerin. Fast
hatte ihr Anna Smirnova als stimmmächtige Fürstin von Bouillon schon
vorher die Schau gestohlen: Die Russin ging die Partie mit so viel
gefühlsechtem dramatischen Furor an, dass ihr der Szenenapplaus
schon nach der Arie zu Beginn des zweiten Akts («Acerba volutta»)
entgegenbrandete. Ein vom Publikum nicht minder honoriertes
Meisterstück an differenzierender Vokalgestaltung lieferte Markus
Brück als heillos verliebter Michonnet ab. Auch die kleineren Rollen
waren glänzend besetzt - Stephen Bronk etwa in der Partie des alten
Fürsten von Bouillon oder Burkhard Ulrich als linkischer Abbé. Und
das Orchester der Deutschen Oper zeigte unter der stilistisch
überzeugenden, weder ins Süßlich-Sentimentalische noch ins falsch
Veristische abdriftenden Leitung Marco Armiliatos, wie leicht und
selbstverständlich Cileas 1902 uraufgeführte Herzschmerz-Oper in
Berlin klingen kann.