Frankfurter Rundschau, 27.03.2022
Judith von Sternburg
 
Liederabend, Frankfurt, 25. März 2022
Damrau & Kaufmann: Ferne, ferne, ferne ...
Diana Damrau, Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch mit Liebesliedern in den Weiten der Alten Oper Frankfurt

Das ins Übergroße gezogene Intime hat seine Tücken. Dass das Trio auf der Bühne im Großen Saal der Alten Oper Frankfurt einfach so tut und macht, als sei man praktisch unter sich, ist bewundernswert und vermutlich die richtige Antwort. Trotzdem will ein Liederabend einen Rahmen, in dem kein Opernglas erforderlich ist, obwohl sich in diesem Fall tatsächlich vorne nicht nur Lied, sondern auch Oper abspielt. Nicht zuletzt deshalb wollen so viele dabei sein, wenn Diana Damrau und Jonas Kaufmann zusammen singen, und am Flügel Helmut Deutsch der Dritte im Bunde ist. Auch wenn er nicht flirtet und spaßt, sondern seine anführende Klavierstimme dazu nutzt, mit minimalistischen Lücken die großen Bögen zu präsentieren, die die drei sich ausgedacht haben.

Sie kommen ins Erzählen

Das ist nicht nur ein Programm aus sechs paritätischen Blöcken mit Werken von Robert Schumann und Johannes Brahms, das ist auch der charmante Versuch, die kleinen Geschichten wirklich zu erzählen. Denn es geht um die Liebe. Schumanns Abfolge von „In der Nacht“, „Entflieh mit mir und sei mein Weib“ (Heinrich Heine, genial), „Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht“ (bei dem Damrau für ein paar Momente die Zeit anhält vor lauter Traurig- und Ratlosigkeit) und „Auf ihrem Grab, da steht eine Linde“ war eine kleine Tragödie, klein nur, weil der Mensch eben klein ist. Nicht nur hier war es Deutschs Aufgabe leider auch, Teile des Publikums an stetem Zwischenapplaus zu hindern, Teile des Publikums nämlich so schwer von Kapee, dass man sich nur wundern konnte. Damrau, Kaufmann und Deutsch allerdings auch puristisch, selbst zwischen den je drei Blöcken wurde der Beifall lediglich freundlich stoisch zur Kenntnis genommen.

Hohe Konzentration und eine filigrane, in unbekanntere Gefilde vordringende Auswahl, vorne aber doch zwei, denen es an der Rampe gut geht und die mit ihren Stimmen einen solchen Saal selbstverständlich füllen können. Beide im Ton leicht, selbstverständlich, wenn auch in der Weite kaum verständlich.

Damrau wirkt klassisch perfekter mit ihrem glänzend kontrollierten, lupenreinen Sopran, dessen Kraftreserven anscheinend gar nicht angezapft werden mussten. Mit der Form Lied weiß sie so genüsslich wie virtuos zu spielen. Das Timbre des Tenors Kaufmann daneben wieder besonders baritonal, auch und gerade in den geforderten und von ihm auch gebotenen zarten Liedgesangs-Höhen. Eine Stimme wie im Wandel, manchmal etwas befangen wirkend, manchmal etwas verschliffen in dieser brutal auf jedes Detail angelegten Gattung. Wo alles gelingt, gelingt es fabelhaft: etwa das Richtung Ewigkeit strebende „ferne, ferne, ferne“ in Brahms’ „Waldeseinsamkeit“.

In Ausdruck und Witz macht ihm ohnehin keiner etwas vor, Kaufmann und Damrau spielten das neckische Pärchen wie auch zwei, die von den Fliehkräften des Lebens auseinandergerissen werden – ein Spiel voller Selbstironie, aber ohne die Liebe zu verraten, die bekanntlich das Höchste auf der Welt ist. Kabarettreif Brahms’ „Vergebliches Ständchen“, wobei die Duette ohnehin nicht nur der Spielfreude der beiden entgegenkamen, sondern auch die Stimmen im schönen Ebenmaß präsentierten.

Als tolle Komödie gelingt auch Schumanns „Unterm Fenster“ als Zugabe.



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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