Online Merker, 22.04.2021
Sieglinde Pfabigan
 
Wagner: Parsifal, Wiener Staatsoper, 18. April 2021 (Stream, Aufzeichnung vom 11. April 2021)
WIEN/ Staatsoper: PARSIFAL – ein Menschheitsdrama. Wie hoch kann der Mensch steigen? Wie tief kann er fallen?
Vorweg: Dank fabelhafter Personenregie und großartigen Sängerdarstellern könnte die vielfach deutbare Geschichte packender und aktueller nicht sein.

Hundert Einzelheiten, die man der Regie ankreiden könnte, ändern daran nichts. Philippe Jordans exzellentes Dirigat (soweit am Computer beurteilbar) und alle offenbar mühelos und ebenso klangschön wie wortdeutlich durch optimiale Ausdruckraft fesselnden Sänger bescheren uns ein Wagner-Event der Sonderklasse.

Schauplatz: Ein grau in grau gehaltenes, vielräumiges Gefängnis, von allen Seiten einsichtig, nimmt den Bühnenraum ein. Irgendwo in einem bewaldeten Bergland. Als Videos zu sehen: ungepflegte Pfade durch das umgebende Gestrüpp, je nach Geschehen und Tageszeit gut oder schlecht begehbar, aber nur für von auswärts Kommende (Kundry, Parsifal).
Größere und kleinere Büro-, Ess-, Wasch- und Schlafräume mit verstellbarem Mobilar. Im Vordergrund ein tiefer gelegener Raum, mit mehreren Tischen, wo an Computern gearbeitet wird (von Kundry und später von den „Blumenmädchen“ als Büroangestellten) und Dokumente lagern. Heutige Alltagskleidung für alle Mitwirkenden.

Warum sich das nicht mit Richard Wagners hochromantischer, erhabener und eindringlicher Musik schlägt? Weil die Bewegungsregie so gut ist und Gesichter, Körper und Stimmen alles aussagen, was Musik und Text beinhalten. Man kann sich nicht genug wundern, wie viele Varianten da möglich sind.

Rückschau: Inszenierungen zu sehen wie die „historische“ aus 1957 von Hans Schüler am Mannheimer Nationaltheater oder die in der wunderbaren Szenerie von Herbert Adler/Dietmar Scholt beim Welser Wagner Festival 2008 (siehe „Merker“ 6/08 und 3/21) ist unbestreitbar bis heute beglückend. Was Wieland und Wolfgang Wagner in Bayreuth oder Karajan in Wien und Salzburg an Ästhetik und Übereinstimmung mit der Musik bei unterschiedlicher, aber stets ästhetischer Optik zuwege gebracht haben, bleibt allen Augenzeugen ebenso unvergesslich. Bei diversen Modernisierungen war das bis jetzt, zumindest bei mir, nicht allzu oft der Fall – da hing das erwünschte Wagnersche Faszinosum dann zumeist von der Sängerbesetzung und dem Dirigenten ab.

Neu: Vor eine völlig neue Situation ist man angesichts der aktuellen Wiener „Stream“-Inszenierung gestellt, die derzeit nur im Fernsehen oder auf dem Computer beurteilbar ist, wobei notgedrungen die Musik in den Hintergrund rückt. Als ich mir – unter Verzicht auf die Optik – die Aufführung im Radio (auf Ö1) anhörte, konnte ich weit besser beurteilen, dass Philippe Jordans Dirigat seinem begeisternden Bayreuther „Parsifal“ von 2012 (in der Inszenierung von Stefan Herheim) um nichts nachstand.
Damals sagte Jordan angesichts des bekanntlich fürs Publikum verdeckten Orchestergrabens in einem Interview: „… im Umgang mit dem Orchester lernt man, auf Äußerliches ganz zu verzichten, möglichst klein und ökonomisch zu schlagen, um einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Man lernt auch dirigentische Demut.”
In den – für mich – zu wenigen Momenten, wo man im “Stream” den Dirigenten sah, schien mir dies erneut der Fall zu sein. (Eine Pressekarte ist mir ja, obwohl ich bereits zweimal geimpft bin, verwehrt geblieben.) Jordan, so dünkte es mich, war aufs Intensivste bemüht, die inneren Vorgänge in den einzelnen Bühnenfiguren musikalisch zu gestalten, was die Wiener Philharmoniker nur zu gerne ausführten.

Was Direktor Roščić und Sergej Serebrennikow als wesentliche Botschaft dieser Neuproduktion angekündigt haben, habe ich auch aus dieser herausgelesen. Eine Gesellschaft …., die nicht nur von außen festgesetzt wurde, sondern die sich selbst gefesselt hat: „Der Gefängnisraum meiner Inszenierung ist eine Metapher für eine bornierte, zusammengeschrumpfte, dogmatische Welt, in die sie sich selbst eingesperrt haben und in der alles anders passiert, als es passieren sollte.“

Wie das im einzelnen durch eine einfallsreiche, bühnenwirksame Personenregie nicht nur mit den Solisten, sondern auch mit jedem einzelnen Choränger getätigt wurde, weist Serebrennikow als großen Theatermann aus, der sich dieses Engagement (von ferne) an Österreichs führender Opernbühne verdient hat.

Vor und bei diversen „Parsifal“-Aufführungen quer durch Europa habe ich mich immer wieder gefragt: Was machen die „auf dem Gebiet und in der Burg der Gralshüter Montsalvat“ (laut Wagners Libretto) lebenden Gralsritter, Knappen, Jünglinge und Knaben eigentlich den ganzen Tag bzw. das ganze Jahr? Und können sie denn vom besungenen „Wein und Brot“ leben, das ihnen als gleichsam Leib und Blut Christi nur gewährt wird, wenn der sieche Amfortas den Gral öffnet? Also immer eine gewaltige Herausforderung an die Regie.

Serebrennikow, der ja auch aus einem christlichen Land kommt, hat auf all diese zentralen Aussagen des Wagnerschen Operntextes keineswegs verzichtet. Ja, die einprägsamen Sprüche wie „Durch Mitleid wissend der reine Tor“ erscheinen immer wieder auf Wänden, werden neu hingeschrieben und sogar zu weiteren Tätovierungen den Gefangenen auf die Körperhaut gebannt. Gurnemanz persönlich beteiligt sich an solchen Markierungen, von denen man nie genau weiß, ob das dem Wunsch der einzelnen Personen oder den ihnen auferlegten Zwängen geschuldet ist. Immer wieder geraten die Männer (unter denen auch dunkelhäutige oder japanische ins Auge stechen) ins Raufen, schleudern einander zu Boden oder betreiben tägliche Morgengymnastik. Alle Charaktere sind so vielschichtig wie möglich. Sobald sie im Chor singen, tritt aber plötzlich Ernst und Einigkeit zutage.

Große Sänger:

Im Falle des Titelhelden resultierte dies sogar in einer Doppelbesetzung. Neben dem singenden Jonas Kaufmann agierte stumm der russische Schauspieler Nikolay Sidorenko. Nach meinem Dafürhalten nicht, weil Kaufmann für den „Knaben“ oder „Jüngling“ mit 50 bereits zu alt und nicht mehr bewegungsfähig genug ist, sondern weil in der Rolle so viel steckt, dass ein Darsteller allein das kaum alles sichtbar machen kann, wie der Regisseur damit wohl sagen will. Also letztlich ein Lob für Wagner. Dass weder Tannhäuser noch Siegmund, weder Siegfried noch Tristan von „Jünglingen“ gesungen werden können, steht längst außer Frage. Die stimmlichen Anforderungen werden kaum von Tenören unter 40 bewältigt. In dieser Hinsicht gehört Parsifal ja ohnedies noch zu den „leichteren“ Rollen, schon deshalb, weil sie nicht so lang ist.

Was nun Jonas Kaufmann betrifft, so habe ich ihn bereits bei den Münchner Opernfestspielen 2018 als sehr glaubwürdigen Parsifal erlebt, der gleich nach Tötung des Schwans erkennen ließ, dass das ein unsinniger Ausrutscher des jungen Abenteurers war, und bereits in dieser Szene den Eindruck erweckte, dass dieses Naturkind zu Höherem bestimmt ist. Wie es dem Naturell des stets von den Medien als „Startenor“ bezeichneten Künstlers entspricht, gestaltet er jede seiner unterschiedlichen Rollen auf ganz natürliche Art und Weise, so wie er sich auch persönlich verhält und in öffentlichen Gesprächen präsentiert. Ihm vorzuwerfen, dass seine Stimme für einen Tenor zu baritonal timbriert ist, ist ein ebensolcher Unsinn wie. ihn zum besten Tenor der Welt zu erklären. (Dafür fehlt ihm nicht zuletzt ein betörendes Timbre.) Ein Faktum ist, dass er mit topsicherer Technik alle Lagen bewältigt und dass Wagners Tenorrollen prinzipiell ein starkes baritonales Fundament verlangen. Kaufmann prahlt nie mit hohen Tönen, sondern setzt sie rollengerecht souverän ein, wo nötig. – Was nun die Doppelbesetzung des Parsifal betrifft, bietet das Double einfach zusätzliche Möglichkeiten. Obgleich an Kaufmanns Aussehen nichts auszusetzen ist und er nach vor sehr beweglich ist, konnte der junge Russe vor allem für Kundry und die sog. Blumenmädchen zusätzliches Interesse an der Figur erwecken, indem er sich wiederholt mit nacktem Oberkörper (oder etwas mehr) und allen Tätowierungen zeigte, und wohl auch aus dem möglichen Vorleben des Wagner-Helden einiges kundtat, was dem singenden Parsifal, wie auch uns Zuschauern, zusätzliche Gelegenheit zu reflektierender Rückschau und möglicher Zukunft bot. Und wo der fesche Jüngling, der stumm bleiben musste, zu verzweifeln drohte, da nahm der Sänger sich sozusagen selbst bei der Hand und schenkte dem Wagnerschen Helden mit ebenso kraftvollen wie gefühlvollen Tönen Glaubwürdigkeit. Für die Kundry-Darstellerin insbesondere bedeutete das eine weitere Chance, ihre wahrlich stücktragende Persönlichkeit voll auszuspielen.

Das Rollendebut von Elīna Garanča geriet schlichtweg zu einer Sensation. Diese beginnt damit, dass ihr seit eh und je schöner, gut sitzender Mezzosopran so weit gereift ist, dass die Stimme allen Herausforderungen gewachsen ist, ohne dass dabei der Wohlklang beeinträchtigt wird. Und sie schafft es mühelos, jede Silbe wortverständlich zu singen und mit passenden Klangfarben attraktiv zu machen. Die größte Sensation aber ist: Sie spielt den ganzen Abend über stets mehrere Frauenrollen gleichzeitig. Wohl verwandelt sie sich von der attraktiven Blondine der ersten beiden Akte dann im 3. Akt in eine bescheidenere Alltagsperson mit Pelzhaube und Wolljacke, aber auch da bleiben ihre Beziehungen sowohl zu Parsifal wie zu Amfortas oder Gurnemanz mehrgleisig. Bis knapp vor Ende der Oper sucht sie den Zugang zu Parsifal, ja, will ihn sogar erschießen, tut dies dann aber mit Klingsor und schließt sich letztendlich dem geheilten Amfortas an, dessen Verführung und dem daraus folgenden jahrelangen schweren Leiden wohl ihre sündhafte Annäherung vorausging. Dass die attraktive junge Dame einzelnen „Gefangenen“ Zigaretten, oder den Aufsehern Geld zusteckt, macht sie noch vielschichtiger. Sie weiß sehr viel, tut sehr viel und will sehr viel. Und keinesfalls ist am allerheiligsten Karfreitag ihr vielgesichtiges Dasein zu Ende. Von entseeltem Zu-Boden-Sinken, wie in Wagners Regieanweisungen festgehalten, kann schon gar keine Rede sein. Das Faszinosum Kundry wird noch lange weiterleben…

Georg Zeppenfeld habe ich schon in Bayreuth als großartigen Gurnemanz bewundert. Vokale Probleme gab es da überhaupt nie. Da er in keiner seiner vielen Bassrollen incl. dem Hans Sachs in Salzburg oder bei konzertanten Auftritten jemals auf bloße Lautstärke setzte, kann er sich alle erdenklichen Nuancen leisten und mit seiner geradezu sensationellen Wortdeutlichkeit fesseln. Das ist gerade beim Gurnemanz, der ja sehr viel zu „sagen“ hat, ein großer Vorzug. In der gegenwärtigen Produktion, wo man die Gesichter auf dem Bildschirm in großen Nahaufnahmen sehen kann, bedürfte es oft nicht einmal des Gesanges und der Orchesterbegleitung, um als Zuschauer zu wissen, was in diesem Menschen vorgeht. Und das ist ebenso viel wie die körperlichen Aktionen, die er vollführen muss bzw. darf. Der bloße Blickwechsel mit Parsifal oder Kundry, strafend, neugierig, erschreckt, aufmunternd, fragend etc., mit den diversen Bewohnern des Gralsgefängnisses – man meint ihn an uns persönlich herantreten sehen. Die Stimme ist zudem einfach wunderschön, am schönsten in den sonoren Basstiefen, die auch Gefühlstiefen öffnen.

Der Amfortas ist eine ideale Baritonrolle für Ludovic Tézier, dem ich die bösen Charaktere nie so recht glauben wollte. Seine schöne, warme Stimme ist für die glaubwürdige Verkörperung wohlwollender Charaktere ebenso passend wie nun für den unsäglich leidenden Gralskönig, der aber von der Regie Gott sei Dank nicht zu ständigem Liegen gezwungen wird, sondern sich mit Stock fortbewegen darf. Er wird nicht zum Dämon, wenn er seinen Tod herbeisingen möchte, sondern bleibt ein wohlwollender Mensch mit großem Verantwortungsbewusstsein. Wie schon angedeutet, stellt sich zuletzt die zwischen diesem geheilten König und seinem Nachfolger innerlich zerrissene Frau ersterem hilfreich zur Seite.

Dem Klingsor (hier Redakateur einer bunten Bildzeitschrift) von Wolfgang Koch bin ich auch bereits in München begegnet. Wenn man den vollstimmigen Bassbariton als Barak in der „Frau ohne Schatten“ mit der unendlichen Güte, die der Stimme entströmte, ins Herz geschlossen, ihn dann aber auch als hintergründig bösen Scarpia bewundert hat, dann wundert man sich nicht mehr, dass er auch dem lüsternen Klingsor, der sich selbst entmannt hat, aber hier in seinem Büro die zwielichtige Kundry empfängt und zu weiteren Untaten verführen will, ein faszinierendes Profil verleiht. Dass sie ihn erschießt, als er Parsifal „mit der rechten Wehr“ beseitigen will, ist eine interessante Pointe des Regisseurs.

Stefan Cernys Titurel-Stimme aus dem Hintergrund kam leider im „Stream“ zu wenig zur Geltung. Rund um die Gralsritter (Carlos Osuna, Erik van Heyningen), die 4 Knappen (Patricia Nolz, Stephanie Maitland, Daniel Jenz, Angelo Pollak) sangen klaglos, konnten sich inmitten der vielen, stets in Bewegung befindlichen Gefängnisbewohner aber kaum profilieren.

Und die Blumenmädchen? Büroangestellte, junge Mädchen und Frauen mit Frisuren, in Gewändern und mit modischem Schmuck von 2021, deren einige sich von Kaufmann-Parsifal ein Autogramm holten und zum stummen Jüngling gleichen Namens hinüberschielten…Da gab es so viel Gedränge, dass auch die Vokalsoli (Ileana Tonca, Annas Nekhames, Aurora Marthens, Slávka Zámečníková, Joanna Kędzior, Isabel Signoret) inmitten des Damenchores nicht genügend zur Geltung kamen.

Umso gewichtiger der Chor der „Gralsritter“ im 1. und 3. Akt, einstudiert von Thomas Lang. Das gemeinsame Singen führt die Montserrat-Bewohner zusammen.

Wie spielt sich das Finale ab? Die Tür im Hintergrund öffnet sich und der nun in ein weißes Hemd gekleidete Parsifal tritt nach vorne: „Nur eine Waffe taugt…“ Den Speer aber hält er gar nicht in Händen. Der zu enthüllende Gral wird aus einem Kistchen geholt, das aussieht, als hätte der Briefträger es gerade gebracht. Und während er weitersingt, mit viel Überzeugungskraft, und man aus der Höhe „Höchsten Heiles Wunder! Erlösung dem Erlöser!“ singen hört, erspäht man den jungen Parsifal, wie er im Hintergrund eine der vielen Tore öffnet und dann von einer Tür zu anderen geht, bis die Anwesenden erfassen, dass diese Tore nun für sie offen stehen. Einzeln oder gruppenweise treten sie ins Freie, zu ständig majestätischer werdender Musik. Als der so überzeugend singende Parsifal diese allgemeine Befreiung konstatiert hat, tritt er allein, zuerst noch glücklich strahlend, in Richtung Publikum, setzt sich dann auf eine der Stufen in der Bühnenmitte und lässt seinen Kopf zwischen die Arme sinken. Erst bei den letzten drei Takten hebt er das Gesicht, sichtlich über eine mögliche Zukunft sinnend, nochmals empor…. Der letzte As-Dur-Akkord verklingt fast unhörbar…

Alles bleibt offen…

Ein kühner Schluss. Er kann alles bedeuten. Vor allem aber: Werden die frei Gelassenen das für sie selbst und ihre Mitmenschen Richtige tun???? Werden sie wieder zusammenfinden?

Und die Frage muss kommen: Hat Richard Wagner recht getan mit der Forderung, dass diese Oper erst nach 30 Jahren außerhalb Bayreuths gespielt werden dürfe?

Bogdan Roščić hat, gemeinsam mit dem Regieteam, festgestellt, dass dies ein ganz starkes Stück ist. Wohl gerade auch deshalb, möchte ich hinzufügen, weil man es in so unterschiedlicher Weise interpretieren kann. Und: weil es nach mehreren tragischen Geschehnissen mit einem Ja-Sagen zum Leben endet.

Ich darf hier noch hinzufügen, dass ich im Rahmen meines Germanistik-Studiums eine Dissertation über Wagner geschrieben habe, betitelt: „Entsagung und Resignation bei Richard Wagner“, in deren Rahmen ich sein Leben, seine Schriften, seine literarischen Quellen sowie sämtliche Opern daraufhin untersucht habe, ob, wo und wann jemand passiv resigniert oder tapfer entsagt. Was mir damals den „Rosenkavalier“ mit der resignierenden Marschallin so unerträglich machte, beglückte mich übermäßig beim tapfer seiner Liebe zu Eva entsagenden Hans Sachs und danach in allen anderen großen Musikdramen Wagners. Es kommt überall zu einem Ja-Sagen zum Leben, trotz aller tragischen Vorkommnisse. Natürlich vor allem dank der genialen Musik, die nicht nur schön, spannend und aufregend ist, sondern auch eine unsäglich befreiende Kraft ausstrahlt.

Später dann, im Rahmen des Freifachs Bühnenspiel habe ich mit 10-18-jährigen Gymnasiasten nicht nur in passender Bearbeitung den „Ring“ aufgeführt, sondern auch einen „Gralsabend“ mit Ausschnitten aus „Lohengrin“ und „Parsifal“ zuwege gebracht, mit professionellen Sängern in den Hauptrollen, mit 11-13-jährigen Blumenmädchen und dazwischen Ausschnitten aus einer Dramatisierung von Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ mit Schülern verschiedenen Alters. Die Begeisterung der jungen Menschen für diesen Stoff war enorm, obwohl die musikalische Wiedergabe natürlich auf das Klavier beschränkt bleiben musste.

In Bayreuth hat Katharina Wagner nach Übernahme der Festspielleitung alljährlich eine Kinderversion – natürlich mit Orchester und professionellen Sängern – einer Wagner-Oper im Probensaal neben dem Festspielhaus initiiert. Diese Aufführungen wurden gestürmt, natürlich von lokalen Schulklassen, aber auch von individuellen jungen Interessenten samt Begleitpersonen. Schöne, bunte Kostüme und Bühnenbilder verstanden sich dabei von selbst. Ich war jedesmal verwundert, was sich da alles als kindgerecht erwies und wie lebhaft jede Kleinigkeit danach diskutiert wurde. In Wagners Bühnenwerken ist einfach Leben – menschliches, manchmal auch tierisches, und viel Natur wird durch die Musik vermittelt.

Der langen Rede kurzer Sinn: Ich mag diese neue Wiener „Parsifal“-Produktion, weil sie voll neuen Lebens ist.



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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