Abendzeitung, 10.01.2019
Robert Braunmüller
 
Mahler: Das Lied von der Erde, München, 8. Januar 2019
Solo im "Lied von der Erde"
 
Jonas Kaufmann und das Sinfonieorchester Basel mit Gustav Mahlers „Das Lied von der Erde“ im Gasteig

Hin und wieder berühren sich Zirkus, Sport und Musik. Das ist etwa der Fall, wenn ein 24-stündiger Wagner-„Ring“ angekündigt wird oder Streichquartette mit einem Kammermusikmarathon drohen. Auch Jonas Kaufmanns Idee, in Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ nicht nur die Tenor-, sondern auch die Baritonpartie zu übernehmen, zählt zu dieser Sphäre.

Der Münchner ist fraglos – neben Andreas Schager – derzeit eine ideale Besetzung für die Tenorpartie. Das heikle „Trinklied vom Jammer der Erde“, mit dem diese Symphonie für Gesang und Orchester beginnt, schleuderte er mit Macht in den Gasteig. Kaufmann hatte keine Mühe, sich gegen das Sinfonieorchester Basel unter Joachim Rieder durchzusetzen.

Mehr noch: Im Unterschied zu den meisten Interpreten, die bei diesem Lied auf die Gnade des Hörers hoffen müssen, wirkt Kaufmann hier souverän. Selbst an der extrem schwierigen Stelle vom Affen auf den Gräbern wirkte der hohe Ton absichtsvoll grell und nicht krähend.

Auch bei den beiden anderen Tenor-Sätzen verband Kaufmann Kraft mit lyrischem Geschmack. Auch das Leichte, Spielerische in „Von der Jugend“ liegt ihm. Bei den Alt-Liedern stößt er allerdings an seine Grenzen. Kaufmann bemühte sich zwar um eine schlichtere, teilweise kopfstimmenbetonte Färbung der Lieder, und bei „Der Einsame im Herbst“ brachte er eine fahle „Winterreisen“-Stimmung ein. Aber bei aller gestalterischer Intelligenz wollte sich nicht der geringste interpretatorische Mehrwert einstellen.

Ein sehr freundlicher Besuch
Im Gegenteil: Es ist ein Verlust, wenn der Kontrast zwischen den Sätzen der für Alt oder Bariton und Tenor komponierten Symphonie verloren geht. Und der Tonumfang des „Abschieds“ liegt für Kaufmann ausgesprochen ungünstig. Die vielgerühmte bronzen-baritonale Färbung seiner Stimme half ihm beim verklärten „Und ewig blauen die Fernen, ewig, ewig“ nicht im Geringsten. Dieser für die Wirkung entscheidende Schluss verlangt nach der Sonorität einer Alt- oder Baritonstimme. Da wirkte Kaufmann flach und seelenlos. Und so war am Ende mehr ein Kraftakt zu bewundern als eine angemessene Interpretation eines Hauptwerks von Gustav Mahler.

Auch das Sinfonieorchester Basel unter Joachim Rieder, das den Abend mit der Tondichtung „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss eröffnete, bewies Sportsgeist. Es war sehr freundlich, dass einem diese wackeren Musiker vor Ohren führten, über welch selbstverständliche Strauss- und Mahler-Kompetenz das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die Münchner Philharmoniker und das Bayerische Staatsorchester selbst an schwachen Tagen verfügen. Das wird manchmal vergessen, und wir sind den Baslern und Herrn Rieder dankbar, dass sie sich auf den weiten Weg gemacht haben, um uns daran zu erinnern.


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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