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volksfreund, 21. Februar 2018 |
Von Dirk Tenbrock |
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Wolf: Italienisches Liederbuch, Philharmonie Luxembourg, 20.Februar 2018
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Kleine Lieder, großer Auftritt |
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Die beiden wohl angesagtesten Weltstars der Klassik haben in der
Luxemburger Philharmonie 1500 Besucher mit einem extravaganten Liederabend
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Es ist eine prächtige, musikalische Liebesaffäre, die die beiden deutschen
Weltstars Diana Damrau (Sopran) und Jonas Kaufmann (Tenor) am Dienstagabend
vor über 1500 Zuschauern im vollbesetzten Grand Auditorium der Philharmonie
auf dem Luxemburger Kirchberg eingehen. Die Pracht ist in diesem Fall aber
nicht mit Opulenz gleichzusetzen, sondern mit einem ganzen Füllhorn an
feinsinnigen Petitessen.
Hugo Wolfs Vertonung des „Italienischen
Liederbuches“ von 1896 nach Texten von Paul Heyse umfasst 46 kurze Lieder
über die Liebe in all ihren Facetten, die von den Interpreten im Wechsel
gesungen werden. Die Reihenfolge ist vom Komponisten nicht fixiert, und so
erschaffen sich die Künstler ihre eigene Dramaturgie des Ablaufs – und das
gelingt ihnen ganz formidabel. Vier Blöcke gibt es zu hören, nach Emotionen
getrennt: Verliebtheit und Vertrautheit, (durchaus blasphemisch gemeinte)
Anbetung, aber auch Eifersucht und Zwist, ganz wie in einer richtigen
Liebesbeziehung eben. Herausragend und von exquisiter Stille ist der dritte
Teil um Tod und Vergänglichkeit; hier kann die Musik für sich selbst
sprechen, und Kaufmann setzt mit dem hauchfeinen Pianissimo bei „Sterb’ ich,
so hüllt in Blumen meine Glieder“ den Glanzpunkt des Abends. Ganz große
Sangeskunst, wenn der eigentlich lyrisch-strahlende Tenor flüsternd und mit
fast brechender Stimme noch die letzte Reihe des großen Saales erreicht.
Das ist nichts für Freunde der Belcanto-Stimmakrobatik manch populärer
Konzerte, darauf muss sich der Zuhörer schon einlassen, das muss man
wirklich wollen. Dialog und Interaktion der Sänger unterstützt kongenial der
legendäre Liedbegleiter Helmut Deutsch am großen Steinway-Flügel. Dabei
glänzt er mit souveräner Zurückhaltung, ab und an ziseliert er feine Vor-
und Nachspiele heraus, deren Wirkung leider manchmal durch übermäßiges
Husten im Publikum gestört wird. Da wünscht man sich doch etwas mehr
Konzentration und Disziplin.
Dem Nimbus der Sänger kann das nichts
anhaben, mit souveräner Leichtigkeit intonieren sie die Lieder, die viel
komplizierter sind, als sie wirken und schon beim geringsten sängerischen
Überdruck ihren zerbrechlichen Charme verlieren würden. Aber Damrau und
Kaufmannn beherrschen sich und halten ihr Stimmvolumen im Zaum, setzen die
Spitzentöne sparsam ein, hier zeigt sich das wahre Können der beiden.
Damraus reifer, fast schon metallischer Sopran überzeugt in Zartheit und
Attacke, sie ist auf dem Zenit ihres Könnens. Kaufmann wird zu Recht als
neuer „König der Tenöre“ bezeichnet, seine dunkel gefärbte Stimme ist zudem
prädestiniert für das italienische Liederbuch. Gemeinsam meistern sie das
durchaus als Experiment zu bezeichnende Programm mit Bravour, selten hört
man das Liederbuch in Gänze und noch seltener in solcher Qualität.
So
wird aus den vielen kleinen Stückchen am Ende doch eine ganz große Oper, die
vom Publikum mit dankbaren und jubelnden Ovationen belohnt wird.
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