Badische Zeitung, 05. Februar 2018
Von Georg Rudiger
 
Wolf: Italienisches Liederbuch, Festspielhaus Baden-Baden, 2. Februar 2018
Große Liedkunst
 
Hugo Wolfs "Italienisches Liederbuch" ist eine Beziehungskiste – mit allen Höhen und Tiefen. Diana Damrau und Jonas Kaufmann haben für ihren großartigen, ausverkauften Liederabend im Festspielhaus Baden-Baden die in zwei Bänden erschienenen 46 Lieder neu geordnet. Auf Kränkung folgt eine Rechtfertigung, auf ein Liebesgeständnis eine intime Antwort. Gleichzeitig entsteht durch die kluge Zusammenstellung eine übergeordnete Dramaturgie, die sich sogar in der Farbe der Stola äußert, die Damrau um den Hals trägt. Über Schmetterlinge im Bauch beim ersten Kennenlernen geht es durch heftige Streitereien in eine von Abschied und Tod geprägte melancholische Stimmung, ehe am Ende wieder leichtere und spöttischere Töne die Oberhand gewinnen.

Diana Damrau und Jonas Kaufmann verkörpern die emotionale Achterbahnfahrt mit jeder Faser ihres Körpers. Jedes Lied hat eine eigene Choreographie. Mal Annäherung, mal Ablehnung, mal Hingabe, mal Zurückhaltung – und alles dazwischen. Der kongeniale Liedbegleiter Helmut Deutsch vermittelt am Klavier zwischen den Extremen, gibt Stimmungen vor, trägt Spannungen weiter oder löst sie mit einer Phrase auf.

Auf die Charmeoffensive von Jonas Kaufmann in "Ihr seid die Allerschönste" reagiert Diana Damrau mit dem zögerlichen "Man sagt mir, deine Mutter wollt’ es nicht", das erst allmählich selbstbewusster wird. Der männliche Wutausbruch in "Wie soll ich fröhlich sein" mündet im koketten "Du denkst mit einem Fädchen mich zu fangen" der Dame mit den für den Lover ernüchternden Schlussversen "Ich bin verliebt, doch eben nicht in dich", die Diana Damrau mit bezaubernder Leichtigkeit und einem Grinsen formuliert.

Die Sopranistin verfügt über eine stimmliche Flexibilität, mit der sie blitzschnell vom Hochdramatischen ins Lyrische wechseln kann. Jonas Kaufmanns baritonaler Tenor hat nicht ganz die gleiche Beweglichkeit und Farbvielfalt, aber auch er erweist als ein sensibler Liedinterpret. Helmut Deutsch ist ein großer Erzähler am Klavier und zelebriert genüsslich mit stockenden Sechzehnteln das dilettierende Violinspiel des Verehrers ("Wie lange schon"). Keine Frage, das ist große Liedkunst, in der auch der Humor nicht fehlen darf.





 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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