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shz, 19. Juli 2018 |
von Detlef Bielefeld |
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Konzert, 17. Juli 2018, Neumünster, Schleswig-Holstein Musik Festival
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Prachtvoll – aber ohne Leichtigkeit: „Tenorissimo“ Jonas Kaufmann |
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Gala-Abende mit Opernstars gehorchen eigenen Gesetzen: die Reduzierung
musiktheatralischer Handlungen auf eine einzige Ariensituation und damit der
alleinige Fokus auf Stimme und Persönlichkeit des Sängers. Das SHMF lockte
mit dem wohl begehrtesten Tenorstar unserer Tage die Fans in die
Holstenhalle zu Neumünster: Jonas Kaufmann verzückte dort in Begleitung der
reichlich rustikalen Symphoniker Hamburg unter Jochen Rieder seine Fans mit
einem Opernhäppchen-Programm, das im interessanten ersten Teil
Französisches, nach der Pause reinen Wagner offerierte. Man konzentrierte
sich also auf die unverwechselbare Stimme dieses charismatischen Sängers,
die samtweich jederzeit für sich einzunehmen verstand.
Kaufmann
besitzt eine unwiderstehliche Bühnenpräsenz, mit der er jeder seiner
Opernfiguren individuelle Prägnanz einhaucht und den Minidramen aus den
weitgehend unbekannteren französischen Opern fesselnde Bedeutung zumisst.
Seine sehnlichst erwarteten Höhenausflüge „saßen“ zwar stets, endeten aber
aufgrund enormen Atemdrucks meist angestrengt im Fortissimo. Dadurch wirkte
sein Vortrag zwar effektvoll und leidenschaftlich, was aber für die
geforderte Phrasierungs-Eleganz im französischen Fach hinderlich war.
Schlacken beim Orchester
Massenets „Werther“, den Kaufmann als
Zugabe präsentierte, passte exakt in diese fast veristisch anmutende
Vortragweise, die „Blumenarie“ aus Carmen dagegen weniger. Denn hier ging’s
hinab in zarteste Pianogefilde, die von Kaufmann nur mit allerlei
technischen Tricks bewältigt werden konnten. Für solche Passagen fehlte ihm
die Leichtigkeit, die Schlankheit seiner im übrigen prachtvollen Stimme. Die
setzte er gekonnt in der Richard Wagner vorbehaltenen Sektion ein: Da gab es
einen imposanten Hochdruck-Siegmund mit elektrisierenden „Wälse-Rufen“ nebst
jubelnde „Winterstürme“ als Zugabe sowie eine erfurchtsgebietende
„Gralserzählung“, während Walthers Preislied aus den „Meistersingern“ nicht
ganz so „morgentlich-leuchtend“ daherkam wie vielleicht erhofft.
Diverse Wünsche blieben allerdings im Hinblick auf das Orchester offen, das
dieses vielschichtige Programm mit arg wechselhaftem Fortune allzu großzügig
begleitete. Das Auditorium ließ sich davon seine Festtagsstimmung nicht
verleiden, überhörte diverse Schlacken höflich und wusste seinen
„Tenorissimo“ gebührend zu feiern.
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