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der Standard, 24. April 2018 |
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Giordano: Andrea Chenier, Wiener Staatsoper, 23. April 2018
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"Andrea Chénier": Liebestod hinter der Orchestermauer |
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Jonas Kaufmann und Anja Harteros in Otto Schenks Inszenierung von Umberto Giordanos Oper |
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Es ist also ein Gesangspaar zu Besuch an der Wiener Staatsoper, bei dem
nicht nur alte Inszenierungen gerne hingenommen werden. Selbst eine leere
Bühne wäre für die meisten akzeptabel, um die zwei zu hören: Hauptsache,
Anja Harteros singt, die gerade bei den Salzburger Osterfestspielen unter
Christian Thielemann als Tosca Topform zeigte. Neben Anna Netrebko ist sie
wohl das Edelste, was der Globus im Sopranfach zurzeit bietet.
Hauptsache natürlich auch, Jonas Kaufmann singt. Der viel beschäftigte
deutsche Tenor mit dem besonderen Samt in der Stimme, der heuer auch für den
Life Ball singen wird, ist Harteros zudem nicht ganz fremd. Vor etwas mehr
als einem Jahr war er an der Bayerischen Staatsoper ihr Poet des Herzens,
also Chénier. Harteros wanderte mit ihm (als Maddalena) glanzvoll Richtung
Jenseits. In Wien, in der 108. Aufführung von Otto Schenks Inszenierung von
Umberto Giordanos Andrea Chénier, sind also Rollenroutiniers zu erleben, die
gut harmonieren. Die schließlich tragisch endende Partnerschaft für eine
Liebe in Zeiten der Revolution muss allerdings lange mit dem
Staatsopernorchester kämpfen.
Klanglich beeindruckend Nicht dass
Selbiges schlecht tönte. Im Gegenteil. Es zeigte sich hellwach, präsent und
klanglich beeindruckend. Leider aber motivierte es der sehr engagierte
Dirigent Marco Armiliato im dynamischen Bereich zu sehr. Die Sänger wurden
bisweilen zu Pantomimen, mitunter schien es auch einen Rollentausch zu
geben: Das Orchester wurde zum Sänger, die Vokalisten zu Begleitern.
Insofern war es von großem Vorteil, dass die Instrumentierung des Werks
kammermusikalische Momente barg.
Da war dann zu erleben, wie
Harteros mit ihrer Legatokultur und ihrem auch im Pianissimo präsenten Ton
zarte Intimität schafft (natürlich auch bei La mamma morta), um schließlich
auch imposant in dramatische Regionen abzuheben. Und auch Kaufmann
demonstrierte wieder, wie Kraft, Substanz und Klangschönheit zu verbinden
wären.
Solide aber das Gesamtensemble. Nur Roberto Frontali als
Diener Gérard, der Revolutionär wird, konnte mit kerniger Prägnanz extra
punkten. Sollte der Dirigent mehr Wert auf sängerfreundliche Balance
zwischen Orchester und Bühne legen, wird er großen Abenden nicht mehr im
Wege stehen. (toš, 24.4.2018)
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