|
|
|
|
|
Der Standard, 10. April 2016 |
Ljubiša Tošic |
|
Puccini: Tosca, Wiener Staatsoper, 9. April 2016
|
"Tosca": Gefühlsschlacht, edel besetzt |
|
Puccinis Oper mit Jonas Kaufmann und Angela Gheorghiu |
|
Eine gemütliche Tosca, so im Bereich des ausgewogenen Ausdrucks (ob vokaler
oder instrumentaler Art), wäre keine Tosca. Es treibt Puccinis genial
durchkomponierte Hitsammlung (mit ihren imposanten Ausflügen in harmonische
Modernismen) alle Beteiligten an Grenzen – auch bei einer Edelaufführung wie
nun dieser an der Staatsoper. Da verrutscht dem süßlich-aufgeladen singenden
Cello ein Glissando, dort lässt Dirigent Mikko Franck das Orchester tobend
auftrumpfen: Und nicht nur Toscas Entsetzen über die folternde Perfidie
Scarpias wird für Momente unhörbar. Auch manch Gemeinheit des düsteren
Ungeheuers verschwindet im Orchesterrausch. In einer Opernschlacht der
Gefühle darf das indes passieren, zumal Franck mutig auf Tempo- und
Dynamikextreme setzt und das Poetische keinesfalls ignoriert. Mit
Opernhysterie zur Wiederholung An diesem Abend profitiert davon vor allem
der überragende Jonas Kaufmann (als Mario Cavaradossi): Bei diesem Tenor
fusionieren lyrischer Schmelz, Klarheit und Energie zum quasi narkotischen
Mix. Als sensibler Darsteller versteht es Kaufmann zudem, die Figur
schablonefrei zu halten. Und geht es ans Blitzen der Sterne, gibt es keine
Zurückhaltung mehr. Es wird die Stunde der dankbaren Opernhysterie, Kaufmann
– fassungslos belustigt – muss die Arie wiederholen, die er so zart begann,
um sie in lichten Höhen expressiv zu vollenden.
Kaufmann war der
qualitative Ausnahmezustand, mit dem mitzuhalten auch einer Luxusbesetzung
nicht leicht fiel. Angela Gheorghiu ist nach wie vor eine gute Tosca, die im
zweiten Akt die Verwandlung einer Künstlerin in eine verzweifelte Mörderin
packend darstellt. Es gelingen ihr kostbare Legatolinien und dramatische
Ausbrüche, die Tiefen bleiben hingegen eher blass. Und während Bryn Terfel
(als Scarpia) ein darstellerisches Meisterstück – als intelligentes und
Tosca begehrendes Ungeheuer – gelingt, mischt sich in das Timbre dieses
Ausnahmekünstlers eine Prise klanglicher Grobheit, die allerdings das
Imposante dieser Stimme nicht fundamental gefährdet. Viel Applaus für alle,
nur Franck hatte ein paar Buhs zu ertragen.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|