Münchner Merkur, 22. Juli 2015
VON MAXIMILIAN MAIER
 
Schubert: Die schöne Müllerin, Nationaltheater, München, 20. Juli 2015
 
Trotz Wespenstichs in Bestform
 
Jonas Kaufmanns Festspiel-Liederabend mit „Die schöne Müllerin"
 
„Und streift eine Biene mit ihren Flügeln dich, da wird mir so bange, und es durchschauert mich”, heißt es in der „Schönen Müllerin" von Franz Schubert. Diese furchtsamen Regungen waren am Montag in Bezug auf Jonas Kaufmann überflüssig: Eine Wespe hatte den Startenor in die Lippe gestochen, aber nach ärztlicher Spritze und häuslichem Kühlen präsentierte er sich im Nationaltheater mit eben jenem Zyklus in Bestform.

Die stilistische Vielfalt des Münchners ist bemerkenswert. Wagner-Held, VerismoSchmachter, Belcanto-Brillierer, Operetten-Charmeur und Liedgestalter — Kaufmann kann alles, adaptiert Stimme, Gestaltung und bleibt sich trotzdem treu, füllt jedes Genre mit seiner Persönlichkeit. Das ist heutzutage in dieser Perfektion außergewöhnlich.

Wie viele Schattierungen entlockte er seinem baritonalen Tenor! In „Ungeduld" hatte er für jeden Strophenschluss eine andere Farbe, zuerst matt-gequält, dann steigernd-auftrumpfend, am Ende flehentlich-verzweifelnd. Auch in „Die liebe Farbe" wurde die Zerrissenheit des Müllerburschen hörbar. Resignation schlug um in Hass, dann in todessehnsüchtige Traurigkeit. Doch Kaufmann verlieh dem romantischen Träumer auch potent-handfeste Züge („Die böse Farbe"), sodass man um die Gesundheit des waidmännischen Nebenbuhlers bangen musste. In den letzten Liedern dann ein Höchstmaß an stimmlicher Zartheit, Mezzavoce-Höhen, ansprechend mit der Kopfstimme vermischt. Anrührende Momente, natürlich auch dank Helmut Deutsch. Müßig über ihn zu schreiben, diesen idealen Liedbegleiter, immer im Dienste des Komponisten und des Sängers zugleich.

Vier Schubert-Zugaben spendete der Tenorissimo seinem enthusiastischen Publikum, das in wenigen Tagen in Puccinis „Manon Lescaut" Kaufmanns nächsten Stilwechsel erleben kann.












 
 
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