Kleine Zeitung, 05.04.2014
ERNST NAREDI-RAINER
 
Schubert: Winterreise, Graz, Musikverein, 4. April 2014
 
Konzentrierte Intensität ging unter die Haut
 
Jonas Kaufmann erschütterte mit seiner Interpretation von Schuberts "Winterreise".
 
GRAZ. Nur einen einzigen Auftritt in Österreich absolviert Ausnahmetenor Jonas Kaufmann auf seiner "Winterreise"-Tournee, die ihn über zwei Wochen lang durch Europa führt. Zwischen Konzerten in der Berliner Philharmonie und den Opernhäusern in London, Paris und Mailand sang er Franz Schuberts Liederzyklus im Grazer Stephaniensaal.

Mit Standing Ovations feierten die Besucher dieses Sonderkonzerts des Musikvereins für Steiermark eine Interpretation, die keinen Vergleich zu scheuen braucht. Auch nicht den mit der im Oktober für Sony entstandenen Studioaufnahme, die sich als erste Lied-CD in den österreichischen Charts platzieren konnte. Denn Jonas Kaufmann gelang an diesem denkwürdigen Abend eine Darstellung, bei der gestalterische Intelligenz und meisterhafte Technik eine perfekte Symbiose eingingen.

Von seinem einstigen Lehrer Helmut Deutsch am Flügel feinfühlig unterstützt, trat Kaufmann mit diesen 24 Liedern, von denen 16 in Moll stehen, eine Reise ins Nichts an, die keine Möglichkeit der Wiederkehr offenlässt. Die Todessehnsucht des verstoßenen Liebhabers zeichnet er ohne weinerliches Selbstmitleid mit beherrschtem Gefühlseinsatz nach. Kaufmanns Wanderer agiert zwar zurückgenommen, aber mit felsenfester Entschlossenheit.

Schuberts dynamische Anweisungen ("sehr leise", "stark") penibel befolgend, setzte Kaufmann sein schlüssiges Konzept mit seinem dunkel timbrierten Tenor ebenso souverän wie diszipliniert um. Seine beispielhafte Diktion und sein Verzicht auf opernhafte Gefühlsausbrüche führten zu einer konzentrierten Intensität, die unter die Haut ging.













 
 
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