Luxemburger Tageblatt, 15.5.2014
Alain Steffen
 
Konzerte mit dem Kammerorchester Wien-Berlin: Mahler, "Lieder eines fahrenden Gesellen", Philharmonie am Gasteig, Luxemburg, 11. Mai 2014
 
Exzellente Interpreten und atemberaubende Interpretationen
 
Tenor Jonas Kaufmann in der Philharmonie
 
Seit seinen Einspielungen der „Winterreise" und der „Schönen Müllerin" wissen wir, dass der Tenor Jonas Kaufmann ein begnadeter Liedinterpret ist. Wenn er auch auf allen großen Bühnen der Welt als Operntenor gefeiert wird, so findet er im klassischen Lied einen idealen Gegenpol, der ihn als sehr subtilen und sehr intelligenten Gestalter zeigt.

Mit seinem dunklen Tenor ist er für Lieder des Baritonfaches wie geschaffen. Das bewies seine ungemein beeindruckende Interpretation der „Lieder eines fahrenden Gesellen" von Gustav Mahler. Selbst wer hier Dietrich Fischer-Dieskau oder Thomas Hampson im Ohr hat, wird nicht umhinkommen, in Kaufmann einen idealen Interpreten dieser Lieder zu erkennen.

Wenn auch seine Stimme am Anfang des ersten Liedes „Wenn mein Schatz Hochzeit macht" etwas belegt und er im Höhenbereich zum Teil etwas eng klang, so war seine Interpretation von einer atemberaubenden Sensibilität und expressiver Dichte.

Jedes Wort, jede Nuance, jede Stimmung wurden hier ernst genommen und man muss in der Diskographie lange suchen, um eine solch intensive Darstellung dieser Lieder zu finden. Und dass man Jonas Kaufmann nicht ohne Zugaben geben lassen wollte, war klar. Auch hier war die Auswahl wohlüberlegt und mehr als interessant, hatte sich der Tenor doch diesmal für Lieder aus dem Fach des Mezzosopran entschieden. Mit zwei Wesendonck-Liedern von Richard Wagner wandelte er auf Lauritz Melchiors Spuren, der einer der wenigen Tenöre war, die sich an diese Lieder herangetraut haben. Und ganz zum Schluss verabschiedete sich Kaufmann mit einem phänomenal gesungenen „Zueignung" von Richard Strauss. Großer Jubel und Standing Ovations waren vorprogrammiert.

Vom Feinsten

Aber nicht nur für Jonas Kaufmann. Mit einer in allen Hinsichten überragenden Darbietung faszinierte das Kammerorchester Wien-Berlin, das ja aus Musikern der Wiener und der Berliner Philharmoniker besteht.

Unter der Leitung des Konzertmeisters Rainer Honeck erlebte das Publikum ein absolut klangsinnliches Spiel. Wenn noch die Streichersymphonie Nr. 10 des 14-jährigen Felix Mendelssohn-Bartholdy etwas pauschal wirkte, so blieb die Begleitung in Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen" ein Musterbeispiel an Intelligenz, Klangschönheit und unaufdringlicher Expressivität. Wunderschön dann auch das Streichsextett aus Richard Strauss' Oper „Capriccio". Höhepunkt aber war dann das Hauptstück des Abends, nämlich Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht".

Dieses Werk, das sowohl von einem klein oder groß besetzten Streichorchester als auch von einem Klaviertrio oder einem Streichsextett gespielt werden kann, fand durch Honeck und die exzellent eingespielten Streicher des Kammerorchesters Wien-Berlin eine herrliche Aufführung. Die Interpretation begeisterte aber nicht nur durch reinen Schönklang, sondern vor allem durch ein sehr differenziertes und dynamisches Spiel.

Und auch bei den Liedern von Mahler, Strauss und Wagner entpuppte sich dieses Ensemble als ein idealer Partner. Der flexible, lupenreine und immer ansprechende Klang wahren eine wirkliche Wohltat und somit ein wundervoller und sicherer Klangteppich für den Solisten Jonas Kaufmann.

Fazit: Ein in allen Punkten intensives, wunderschönes und bereicherndes Konzert. Wir würden uns jedenfalls sehr auf ein baldiges Wiedersehen mit dem Kammerorchester Wien-Berlin und dem Tenor Jonas Kaufmann freuen. Und warum nicht mit der Orchesterfassung von Schuberts „Winterreise" oder Orchesterliedern von Richard Strauss.

Da müsste sich doch etwas finden ...













 
 
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