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Abendzeitung, 7.5.2014 |
Christa Sigg |
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Konzerte mit dem Kammerorchester Wien-Berlin: Mahler, "Lieder eines fahrenden Gesellen",
Philharmonie am Gasteig, München, 6. Mai 2014 |
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Jonas Kaufmanns Konzert in der Münchner Philharmonie
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Mehr Filet dürft’ schon sein: Jonas Kaufmann und das Kammerorchester
Wien-Berlin in der prall gefüllten Philharmonie |
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Maßhalten hat Ludwig Erhard den Deutschen mal empfohlen – 1962, da war der
füllige Mann gerade noch Wirtschaftsminister. Ganz unabhängig davon lässt
sich dieser Appell oft wunderbewirkend auf die Musik übertragen. Im
Umkehrschluss sollte dann aber auch nichts und niemand zu kurz kommen. Doch
das war ausgerechnet beim großen Star des Abends der Fall: Jonas Kaufmann
kam mit der ersten und einzigen Zugabe – Richard Strauss’ „Zueignung“ – zwar
gerade noch über die Zweiundzwanzig-Uhr-Grenze, summa summarum darf man
allerdings von einem reichlich dezenten Einsatz sprechen.
Dafür gab’s
ausgedehnten Streicherfeinsinn. Der wurde vor allem deshalb goutierbar, weil
Mitglieder der Wiener und Berliner Philharmoniker die Kaufmann-freien Zonen
mit frühem Mendelssohn, Strauss’ elegant dahin geschlenztem
„Capriccio“-Sextett und der immerhin durch zwei (!) Klatschsalven
unterbrochenen Endlos-Serenade von Dvorák in ein Best-of-Streichergekuschel
verwandelten. Kaum auszudenken, wenn stattdessen die Phiharmonie Frohsinn
Rhein-Main oder sonst eine illustre Truppe gegeigt hätte. Dennoch ließen die
Herrschaften (plus Harfendame) von Donau und Spree ein bissl an Zug
vermissen.
Für Gustav Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ war
das aber die richtige Gangart. Kaufmann liegen diese Seelenwanderungen durch
die Trostlosigkeit des Verschmähten. Schon im Timbre seiner Stimme kreiselt
das Düstere, das unterm Gras der schönen Welt lauert. Und er kann gestalten,
bleibt so weit es geht natürlich, drechselt kein lebensfernes
Kunstkammerkonstrukt. Schade also, dass dem nur die „Träume“ aus Richard
Wagners Wesendonck-Liedern und Strauss’ „Morgen“ folgten – empfindsam. Auch
maßvoll. Doch unterm Strich war’s ein bissl wenig Filet.
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