Passauer Neue Presse, 16.11.2014
von Raimund Meisenberger
 
Puccini: Manon Lescaut, Bayerische Staatsoper, München, 15. November 2014
 
Netrebko fehlt, Kaufmann triumphiert: "Manon" in München
 
 
Anna Netrebkos Abwesenheit erfüllt das Nationaltheater in München: Das "Traumpaar" Netrebko-Kaufmann − zerrissen, Unverschämtheit! Ihre Ersatzfrau Kristine Opolais − kann die ihr das Wasser reichen? Regisseur Hans Neuenfels − sicher hat er mit seinen Regietheaterzumutungen die russische Diva vergrault?! Emotionen gären am Samstagabend bei der Opernpremiere von Giacomo Puccinis "Manon" an der Bayerischen Staatsoper. Im Schlussapplaus brechen sie sich Bahn − im Guten wie im Bösen.

Vergeblich durchfahnden Netrebkos Verehrer die vier Akte der 1893 uraufgeführten Oper nach guten Gründen für ihre Absage zwei Wochen vor der Premiere. Und finden und finden keine. Denn der 73-jährige Hans Neuenfels gibt hier nicht den Berserker, sondern − noch schlimmer − den Kitsch-Verweigerer und Minimalisten: Existenzialistisch wirft die Regie Manon (Opolais), ihren armen jungen Geliebten Des Grieux (Jonas Kaufmann) und ihren reichen alten Un-Geliebten Geronte in ein schwarzes Nichts (Bühne: Stefan Mayer), wie ein Käfig umrahmt von Linien aus weißem Licht. Neuenfels wirft seine Protagonisten auch in eine vom Chor verkörperte Mensch-Masse, entmenscht durch graue Roboteranzüge, Sams-artige rote Spaßhaare und wahrlich fette Hintern − pointierte Gesellschaftskritik per Kostümbild (Andrea Schmidt-Futterer).

Ein bisschen Publikumsschelte hat sich Neuenfels verdient; denn eine starke Deutung, große Akzente sind ihm nicht gelungen. Doch der Buh-gewordene Hass des Premierenpublikums gilt wohl nur teils seiner Regie, und teils seiner Mit-Verantwortung am Münchner Netrebko-Mangel.

Die seit wenigen Tagen 35-jährige Lettin Kristine Opolais ist mit ihrem im Ansatz flatternden Vibrato, mit Textgestaltung und darstellerischer Aura noch ein geraumes Stück von Netrebkos Klasse entfernt, und wird am Ende doch ebenso bejubelt wie der ungemein stark singende Bariton Markus Eiche als Bruder Lescaut und Dirigent Alain Altinoglu, der dem Staatsorchester einen feingliedrig-schlanken Puccini diktiert. Stimmlich wie in der Publikumsgunst herausragend ist Münchner Kindl und Liebling Jonas Kaufmann: Flammend im Fortissimo, warm und tragfähig im Piano, emotional getränkt hier wie dort. Sein Triumph erfüllt das Nationaltheater.














 
 
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