Kronen Zeitung, 8.4.2013
V.P.
 
Schubert: Winterreise, Wien, Konzerthaus, 6. April 2013
 
Berückend & berührend
 
 
Die Magie des Stars: Jonas Kaufmann sang im Konzerthaus Schuberts "Winterreise".

Der Opernstar, der sowohl in italienischen Partien wie als Wagnertenor Welterfolge verbucht und dem jedesmal Fanscharen folgen - vor allem weibliche -, ist allerdings wirklich ein Überraschungskünstler: Auf den ersten Anhieb bewährte er sich in einem der schwierigsten Hauptwerke des Liedgesangs: Franz Schuberts Zyklus "Die Winterreise". Er interpretiert diese Lieder eines enttäuschten Menschen, den seine Liebste verlassen hat und der in winterlicher Landschaft herumirrt, um seiner Enttäuschung Herr zu werden, nicht mit dem Aplomb und der Bravour des Startenors, sondern auf eine einfache, schlichte Weise voll Tiefe und Verinnerlichung: Er träumt von bunten Blumen und sieht, dass es nur die Eisverzierungen am Fenster sind. Er läuft dem Posthorn nach, obwohl ihm die Liebste nicht mehr schreiben wird. Er lauscht den Zweigen des Lindenbaums am Brunnen vor dem Tore, wo er so oft die Liebste getroffen hat. Und er ist voll tiefer Trauer, dass das Totenacker Wirtshaus für ihn kein Grab frei hat. Tief berührt, wenn ihn die Ruhe des barfüßigen Leiermannes veranlasst, einen Begleiter für seine Enttäuschungen gefunden zu haben. Das alles breitet Kaufmann mit seiner schönen, geschmeidig sanften, warm leuchtenden Tenorstimme, die er auch im Grossen Saal leise, mit einem Hauch von Diskretion einsetzt, wunderbar aus. Er bleibt dank präziser Diktion dabei immer perfekt verständlich. Umso aufregender der Moment, wenn er sein Unglück, seine Verstörung und bohrende Verzweiflung hinausschreit. Das Publikum war zuletzt begeistert und jubelte, nachdem es aber dennoch die Pausen zwischen den Liedern mit Hustenausbrüchen füllte. Richtigerweise verweigerte Kaufmann am Ende Zugaben.












 
 
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