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Der neue Merker
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Gerhard Hoffmann |
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Massenet: Werther, Nationaltheater Mannheim, 13. April 2013 |
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Mannheim: „WERTHER“ 13.04.2013
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Es ist schon verwunderlich, dass man nach der dubiosen Reklame für den FOA
„Tosca“, den Weltklasse-Tenor Jonas Kaufmann dennoch für eine
Sondervorstellung von Jules Massenets „Werther“ gewinnen konnte und dafür
sei allen Verantwortlichen zu danken.
In beklemmend
intensiver Gestaltung fand sich Jonas Kaufmann in der Inszenierung von David
Mouchtar-Samorai (2001) zurecht, interpretierte nicht nur den verzweifelt
Unglücklichen – nein „er ist Werther“! Ich wage zu behaupten, dass derzeit
weltweit kein Sänger diese Figur in Vokalität und authentischer Intensität
besser darstellen könnte. Es war frappierend zu erleben, wie Kaufmann sein
herrlich timbriertes, heldisch baritonales Material zu zügeln versteht,
obertonreiche Piani aus dem Stand in wohlklingende Spitzentöne transponiert,
in technisch atemberaubender Selbstverständlichkeit, strahlende Töne wieder
ins Piano ausklingen lässt. Kaufmann setzte mit seiner unvergleichlichen
Stimme künstlerische Maßstäbe von höchstem Rang und entführte den Hörer in
eine andere Welt des Gesangs. Zudem bot der mit viel Legatokultur gesegnete
Ausnahme-Tenor eine Kombination aus gesangstechnischer Überlegenheit,
vorbildlicher Pianokultur, musikalischer Phrasierung, nuancierter
Textbehandlung, in Verbindung der bewegenden Verkörperung der Rolle.
Kongenial konnte Marie-Belle Sandis mithalten, wohl inspiriert durch den
genialen Partner, katapultierte sie ihren expressiven Mezzo in einen
stimmlichen Furor von bestürzender Subjektivität, offenbarte zudem eine
facettenreiche Charakterisierung der sich im Zwiespalt der Gefühle
behafteten Charlotte. Mit verbindlicher Noblesse und reifem Bariton sang
Thomas Berau den Albert, jungmädchenhafte Züge schenkte Katharina Göres in
Optik und Stimme der Sophie, beweglich entfaltete sich der Kinderchor
(Anke-Christine Kober), die Besetzung der kleineren Rollen Schmidt (Benedikt
Nawrath), Johann (Radu Cojocariu), Amtmann (Bryan Boyce) ließ einige Wünsche
offen.
Mit grobem Pinselstrich, beleuchtete Alois Seidlmeier am Pult
des sehr sauber und konzentriert musizierenden Orchester des NT mehr die
dramatischen, lauten Passagen der Partitur, ließ es teils an jener Zartheit,
jenes melancholischen, sensiblen Untertons mangeln. Nichts dessen zum Trotz
wurden alle Beteiligten mit herzlichem Überschwang 12 Minuten gefeiert,
Jonas Kaufmann mit Ovationen und Bravostürmen und einem üppigen Rosenstrauß
aus dem Publikum bedacht. Man wünscht sich eine baldige Wiederbegegnung mit
dem großartigen Sänger im NT.
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