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Der Standard, 14. Februar 2012 |
Stefan Ender |
Liederabend, Wien, Musikverein, 13. Februar 2012 |
Das ist doch ein Kunststück
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Der Startenor Jonas Kaufmann gastierte im Großen Musikvereinssaal |
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Er ist der Cover-Boy des Monats Februar der einschlägigen Druckperiodika -
sonnig lächelt Jonas Kaufmann vom Titelblatt des Staatsopern-Prologs, düster
blickt er von jenem des Musikverein-Magazins. In der tiefkühltruhenkalten
ersten Februarhälfte hat der Münchner mit dem Latin-Lover-Charisma
jedenfalls die Herzen seiner Fans erwärmt, zuerst an der Staatsoper als
Faust und nun mit einem Liederabend im Großen Musikvereinssaal.
"Und
ich geh' mit einer, die mich lieb hat, in den Frieden voll Schönheit" , sang
der 42-Jährige in seiner dritten Zugabe, in Strauss' Freundliche Vision -
manch eine Zuhörerin bezog es wohl einen Sekundenbruchteil sehnsuchtsvoll
auf sich, wie auch das fünfte und letzte Encore Kaufmanns, Dein ist mein
ganzes Herz. Beim Stimmungsaufheller aus Lehárs Land des Lächelns - eine
Reverenz an seine Anfänge hier in Wien an der Volksoper 1997? - konnte der
Tenor mit dem baritonalen Timbre ein letztes Mal sein enormes dynamisches
Spektrum demonstrieren, so wie zuvor etwa im Lied Le manoir de Rosamunde des
Präimpressionisten und Flauscheweich-Romantikers Henri Duparc oder bei
Richard Strauss' Befreit.
Denn der (physisch etwas steife) Liedsänger
Kaufmann hat für den geneigten Zuhörer sowohl den Helden mit
geradlinig-kraftvoller Attacke parat als auch das sanft-säuselnde
Sensibelchen; der aus lyrischen Gefilden ins Heldenfach avancierte Opernstar
ändert Charaktere und Posen so behände, wie er in seinem weichgängigen
Stimmverhalten Kopf- und Bruststimme mischt und wechselt. Und auch mit
komödiantischem Talent weiß er zu unterhalten (Strauss' Schlechtes Wetter).
Bei dem Streifzug durch spätromantisches Liedgut (Rosinen aus dem
Schaffen Liszts, Duparcs und Strauss' plus Mahlers Rückert-Lieder) war
Helmut Deutsch ein getreuer, makelloser Diener seines ehemaligen Schülers.
Lied, das Schwierigste, wirkt bei Kaufmann fast einfach. Und das ist auf
jeden Fall ein Kunststück.
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