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Der neue Merker, 5.2.2012 |
Peter Dusek |
Gounod: Faust, Wiener Staatsoper, 4. Februar 2012
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FAUST MIT JONAS KAUFMANN AUF ERFOLGSKURS (4.Februar 2012)
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Manchmal rächt sich das Repertoire-System in Wien und die Attraktivität der
Wiener Philharmoniker – im Vergleich zur ersten offenbar weitgehend
ungeprobten Faust-Vorstellung am 1.Februar war die ersten Reprise der
aktuellen Serie um Klassen besser; das Staatsopern- Orchester unter Alain
Altinoglu kam erst diesmal richtig in Fahrt, die Gounod-Vorstellung hatte
Schwung und „Biss“ und auch die Solisten rund um den Startenor – vor allem
Albert Dohmen als Mephisto – waren deutlich besser disponiert.
Dies
übertrug sich auch auf den Startenor Jonas Kaufmann selbst, der weniger auf
Piano-Phrasen setzte als auf die Strahlkraft seines lustvollen
Höhen-Singens. Und auch das Publikum, das nun doch die Galerie- und
Balkon-Stehplätze füllte, erwies sich als wahrlich begeisterungsfähig, was
vor allem Jonas Kaufmann und Adrian Eröd sowie dem Dirigenten zu Gute kam.
Was bleibt als Resümee einer Vorstellung, die in einer besonders
misslungenen und stimmungstötenden Inszenierung „nach“ Nicolas Joel (Bühne
Andreas Reinhardt/Kristina Siegel) stattfindet? Da ist zum einen das Gefälle
zwischen Faust und Mephisto. Man hat Erwin Schrott noch allzu präsent im
Kopf, um zu merken, wie wenig „satanisch“ der Teufel in der Person von
Albert Dohmen ist. Da fehlen Mutterwitz und Eleganz, Ironie und die Lust an
der Intrige. Immerhin polterte er diesmal gradlinig durch die französische
Vertonung des berühmtesten Theaterstoffes, vor allem die Dom-Szene war
eindrucksvoll, das Ständchen „verpuffte“ –während die Gartenszene – auch
dank der sehr witzigen Monika Bohinec (einer Marthe mit viel Stimme und dem
nötigen Humor) – positiv bilanzierte. Inva Mula konnte sich ebenfalls
steigern. Die albanische Sopranistin verfügt über eine angenehme, gut
sitzende Sopranstimme, was ihr fehlt die das „Geheimnis“, die attraktive
Erotik und jener Totaleinsatz, für den Jonas Kaufmann geradezu
sprichwörtlich stehen könnte. Der deutsche Tenor ist in jeder Hinsicht eine
Ausnahmeerscheinung. Sein Spiel ist intelligent und engagiert. Sein
attraktives Äußeres, seine baritonale Mittellage, der Glanz seiner
Höhenlage, der kluge Vortrag. Jonas Kaufmann ist drauf und dran einer ganz
Großen der Opernbühne werden – sollte man sich als Direktor nicht bemühen,
die gleichwertige Besetzung für ihn zu suchen? Immer wieder musste ich mir
vorstellen, wie toll diese Oper mit Anna Netrebko, Erwin Schrott und Jonas
Kaufmann wäre….Aber wir sind mitten im Sibirischen Winter und es kann nicht
jeden Tag Sonntag sein. Also freut man sich, dass Adrian Eröd ein idealer
Valentin ist. Er bewältigt auch die gefürchteten Ensemble-Szenen ohne jede
(hörbare) Mühe, ist durch und durch glaubhaft in seinem sittlichen
„kategorischen Imperativ“ und bleibt sympathisch wie die Enkel der Queen
Elizabeth II.
Etwas überfordert ist hingegen Juliette Mars als Siebel
– sie schafft zwar die Arie mit Anstand, aber schon die nachfolgende Szene
ist für ihren hübschen Mezzo zu hoch – und die nötige burschikose
Ausstrahlung fehlt erst recht. Bleiben noch Hans Peter Kammerer als allzu
spröder Wagner und ein besonders intensiv singender Staatsopern-Chor
(Leitung Thomas Lang) zu erwähnen. Insgesamt: keine Sternstunde aber
Operntheater mit großen Momenten in gediegener Umgebung .Immerhin!
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