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Oe 24.at, 02. Februar 2012 |
KARLHEINZ ROSCHITZ |
Gounod: Faust, Wiener Staatsoper, 1. Februar 2012
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Jonas Kaufman ist der schönste Tenor
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Kaufmann der begehrteste Heldentenor unserer Zeit.
Foto: ©
Wiener Staatsoper / Michael Pöh |
Kraftvoll, mit Elan, nobler französischer Diktion gestaltet er Arien. Feine
Differenzierung in Ausdrucksnuancen und Stimmungsfarben sind ihm aber ein
besonderes Anliegen. Das heißt, sein Faust verwandelt sich von Szene zu
Szene vom schüchternen Schwärmer zum ungestümen Liebhaber. Seine hohe Lage,
die auch ein wunderschönes Piano bietet, lässt er sanft strahlen.
Die Albanerin Inva Mula, seit 1998 als Antonia und Lucia bekannt, ist seine
Marguerite: Ein sanftes Geschöpf mit heller, makelloser Stimme. Ihre "áir
des bijoux" (Juwelenarie) singt sie mit perfekter Sicherheit und reich an
Ausdrucksnuancen. Fast klingt sie mitunter zu sanft, zu entrückt, etwa um
ihren Abscheu gegenüber Mephistopheles herauszuschleudern.
Enttäuschend, weil ohne Dämonie, martialische Kraft und Wildheit und
Verführungskunst geriet der Mephisto Albert Dohmens, der mir zu brav und
kaum satanisch wirkt. Iván Eröd ist - wie stets - ein ungemein
verlässlicher, berührender, wunderschön singender Valentin, der etwa in
seinem "Avant de quitter ces lieux" Glück und Abschied, Zuneigung und
Melancholie beschwört.
Solide charakterisieren Hans Peter Kammerer
den Wagner und Juliette Mars (seit 2006 in Wien) den etwas übersensibel
wirkenden, exaltierten Siebel. Fast schon eine Entdeckung ist die junge
Monika Bohinec als Frau Marthe, die ihren hübschen Mezzo kultiviert führt.
Beachtlichen Erfolg verbuchte der Dirigent Alain Altinoglu, den wir
von seinem "Romeo" kennen. Mit Gounods "Faust" ist er vertraut - er
dirigiert ihn auch an der "Met". Er hat das Gespür für diesen Mix aus
raffinierter Melodik, Stimmungs- und Klanginszenierung, großer Geste und
bezaubernder Lyrik. Und er überträgt seine Vorstellungen genau auf das
Orchester, das ihm Klangschönheit, Frische und Eleganz bietet.
Die
Inszenierung, eine Verlegenheitslösung nach Nicolas Joels Erkrankung, könnte
man entsorgen. Dass die Walpurgisnacht hier ganz fehlt, ist eine
dramaturgischer Unfug. Und für ein Haus wie Wien ärgerlich.
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