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Abendzeitung, 16.1.2012 |
Robert Braunmüller |
Verdi: Don Carlo, Bayerische Staatsoper, 15. Januar 2012
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Ein Hoch auf die musikalische Globalisierung!
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Die Opernstars glitzern: Verdis „Don Carlo” mit Jonas Kaufmann im
Nationaltheater
Die fünf Aufführungen waren innerhalb von Minuten
ausverkauft. Vor dem Nationaltheater scharten sich Optimistinnen mit
Pappschildern. Auch der Rezensent wurde in den letzten Tagen fast täglich
gefragt, wo noch Karten für diesen „Don Carlo“ aufzutreiben wären.
Solche Hypes enden gern im Katzenjammer. Hier kaum: Feuriger wurde Verdi
lange nicht mehr an der Staatsoper gesungen – und das von drei stilbewussten
Deutschen in den Hauptrollen. In der Besetzung kein Italiener weit und
breit. Ein Hoch auf die Opern-Globalisierung!
Trotz Jonas Kaufmann:
Die Königin des Abends war Anja Harteros als Elisabeth. Sie sang die Arie
„Tu che la vanitá“ strahlend und zugleich mit verschatteter Melancholie. Als
Darstellerin verkörperte sie eine schlichte, ander Gefühlskälte des
spanischen Hofs verzweifelnde Menschlichkeit. An René Pape war jeder Zoll
ein König: Sein Philipp II. braucht nur am Spazierstock zu drehen – ein
Eishauch wehte durchs Theater. „Ella giammai m’amo“ war ein Psychogramm der
Einsamkeit, keine berühmte Opernarie.
Das hysterische Grübeln und
Zaudern der Titelfigur liegt Jonas Kaufmann weniger: Sein Carlos ist vor
allem ein Liebhaber und Draufgänger. Die Stimme war perfekt in Form, das an
sich unitalienische Timbre passte trotzdem. Mit heldischem Kraftgesang
sorgte er dafür, dass die Aufführung sinnlich mitriss.
Schade, dass
der Pole Mariusz Kwiecien absagen musste: Die am 20. Januar erscheinende CD
„Slawish Heroes“ (harmonia mundi) versprach den besten italienischen Posa
seit Piero Cappucilli. Für ihn sprang Boaz Daniel ein, dessen metallisch
heller Bariton nicht alle Linien stetig bildete. Aber eine rundum achtbare
Leistung blieb es trotzdem.
Die matronenhafte Anna Smirnova
imponierte als Eboli mit ausladenden Spitzentönen und enttäuschte im
Schleierlied mit schwerfälligen Unarten der russischen Schule. Der Bassist
Stephen Humes sang profund den Mönch und wäre wohl die bessere Besetzung für
den Großinquisitor: In dieser kleinen, aber zentralen Rolle brüllte Eric
Halvarson den König nieder, statt schwarze Schurkenperfidie zu verströmen.
Asher Fisch leitete die Aufführung schwungvoll, ohne besonderes Profil
als Verdi-Interpret zu gewinnen. Erstaunlich ist aber, wie sicher die
Hornisten des Staatsorchesters den Beginn des 2. Akts hinlegen: Vor 25
Jahren war das eine Angstpartie. Auch nach 12 Jahren wundert einen an Jürgen
Roses Inszenierung noch, wie karg der geschmackvollste aller Ausstatter
seine eigene Regie eingekleidet hat.
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