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Oberpfalznetz.de, 06.08.2012 |
Von Michaela Schabel |
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Strauss: Ariadne auf Naxos, Salzburger Festspiele, 29. Juli 2012 |
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Endlich vereint, was unvereinbar scheint
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"Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss in der Urfassung: ein
Opern-Höhepunkt bei den Salzburger Festspielen
Molières
Charakterkomödie "Der Bürger als Edelmann" kombiniert mit einer
mythologischen Kammeroper? In dieser Kombination floppte 1912 Richard
Strauss "Ariadne auf Naxos". 100 Jahre später entdeckt der neue
Schauspielintendant Sven-Erich Bechtolf bei den Salzburger Sommerfestspielen
den Zauber dieses Gesamtkunstwerks. "Inszenieren ist Freude", so Bechtolfs
Devise.
Opera seria und buffa
Man spürt sie
und wartet nach eineinhalb Stunden absolut gekonnt buffonesker
Molière-Komödie gespannt auf unmögliche Simultaneität von Oper und Comedia
dell'arte, denn Molières Bürger will zum Edelmann avancieren, scheut keine
Kosten für Dinner, Oper und Theater seine umschwärmte Adelige zu
beeindrucken. Als die sich noch ein Feuerwerk wünscht, müssen eben Opera
seria und Opera buffa gleichzeitig stattfinden.
Kunst und
Leben
Der Clou ist, dass Sven-Eric Bechtolf den
autobiografischen Hintergrund Hugo von Hofmannsthals als Rahmenhandlung für
die "Ariadne auf Naxos" dazu nimmt und damit das Stück im Stück auf die
Realität weitet, Kunst und Leben ineinander verschmelzen.
Neben
Hofmannsthal und der von ihm hochgeschätzten Witwe Ottonie von
Degenfeld-Schonberg, der er den Weg aus der tragischen Trauermelancholie
weisen will, lässt Bechtolf auch Richard Strauss als Komponisten auftreten,
der, von der Muse Zerbinetta geküsst, anscheinend zur zirzensischen
Musikalität inspiriert wird. In Zusammenarbeit mit Choreograf Heinz Spoerli
zeigt sich Bechtolfs Regiegeschick. In tänzerischer Beschwingtheit verbindet
er drei Spielebenen, wobei die Figuren der Rahmenhandlung, von Hofmannsthal
und Ottonie, leitmotivisch immer wieder präsent sind und sich in
Kostümduplizierungen in der heiteren Hülle die tiefen Seelenkonflikte
assoziieren lassen. In munterer Theatralik überraschen vor allem Cornelius
Obonyas quirlig naiver Monsieur Jourdain und Peter Matic schlitzohrig
charmanter Haushofmeister immer wieder mit origineller Situationskomik,
nicht minder das parodistische Tanzensemble.
Suggestive
Leuchtkraft
Bühne und Kostüme (Rolf und Marianne
Glittenberg), reduziert auf strahlendes Weiß, setzen die Inszenierung der
depressiven Ariadne suggestive Leuchtkraft entgegen, intensiviert durch
wenige Hutfarbtupfer der Commedia-dell'arte-Figuren. Wie deplatzierte
Geister erscheinen die ankommenden Künstler, erblickt durch eine große
Fensterfront im Park. Ein Vorhang schafft die Verwandlung zum parodistischen
"Dinner for Three", eine breite Treppe die Bühne auf der Bühne, auf der
zerborstene Flügel die öde Insel Naxos inklusive Höhlendasein verletzter
Seelen symbolisieren, auf denen Harlekin und Co. nichtsahnend Roller fahren,
herumpurzeln und neue Lebensfreude schaffen. Ein wunderbares Bild, dass ohne
Liebe auch die Kunst zerbirst und umgekehrt die Kunst die Liebe gebiert.
Die musikalische Exklusivität der "Ariadne auf Naxos" lässt Daniel
Harding bereits in der Ouvertüre aufklingen. Mit den Wiener Philharmonikern
entsteht ein Feuerwerk klanglicher Stimmungsfarben und Instrumentallinien.
Dem temperamentvollem Dirigat Hardings halten die Sängerinnen dagegen. Mit
orgiastischen Höhepunkten und liebreizendem Charme singt Elena Mosuc die
überaus schwierige Koloraturpartie der Zerbinetta. Emily Magee gelingt der
sängerische Gegenpart als verzweifelte Ariadne mit klangvoller Höhe.
Jonas Kaufmann gibt einen stimm-betörenden Bacchus ab.
Festspielwürdige Inszenierung
Bild, Ton, Ausdruck,
Theater, Tanz und Oper werden eins, eine festspielwürdige Inszenierung, weil
sie Ungewöhnliches mit Humor wagt, Altes neu entdeckt, absolut innovativ zur
Diskussion provoziert und selbstironisch den Salzburger Festspielbetrieb auf
die Schippe nimmt, wenn Monsieur Jourdain in seinem Ringen um den "Verkehr
mit großen Herren" das Schlusswort behält. |
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