Der Neue Merker, 7.8.2011
Peter SKOREPA
Konzert, Wien, Stadthalle, 6. August 2011
Wiener Stadthalle: Gipfeltreffen der Stars Netrebko, Schrott, Kaufmann am 6.8.2011
 
 
Wenn man zu der, zugegeben doch bemerkenswerten künstlerischen Potenz der drei genannten Sänger auch noch deren Allgegenwärtigkeit bei Festivals , Kulturevents und deren Seitenblicken zählt, dann kann man wirklich in der, in einem musikalischen Sommerloch steckenden Bundeshauptstadt von einem ”Gipfeltreffen” sprechen, welches trotz hoher Preise die Stadthalle nahezu füllte.

Und wenn man das Fehlen der für Wien extra neu editierten und gedruckten Programme infolge eines verschlafenenen Spediteurs verwunden hat und man sich an die, auf Brutallautstärke gestellte Verstärkeranlage gewöhnt hat, konnte man dem Konzert sogar einiges abgewinnen, einerseits der Intensität der Interpreten, andererseits der Programmauswahl wegen.

Eines sei gleich vorweg genommen, Anna Netrebko überstrahlte ihre Partner durch satten Wohlklang, ob sie nun zum Einsingen Puccinis “Un bel di, vedremo” oder ihre Verführungsariosi in der St.Sulpice-Szene aus der “Manon” sang oder im Miserere aus dem “Trovatore” mit dem “Vanne, lasciami” und der Stretta “Tu vedrai che amore in terra” brillieren konnte, oder gar aus Gianni Schicchi” den Babbino Caro als Zugabe hingebungsvoll anbetete.

Nun, viel stand ihr Bayerns Tenorstar nicht nach, das Italienische kam Jonas Kaufmann zwar weniger gut über die Lippen als das Französische, trotzdem war sein Abschied von der Mutter aus der “Cavalleria” Sonderklasse an gesanglicher Intensität, wie ich es seit Corelli nicht mehr zu hören vermeinte, weniger gefiel er allerdings anfangs mit einem eher unbeteiligt wirkenden “Cielo e mar”. Richtig große Oper machte er aus Taubers “Du bist die Welt für mich” und Lehars “Freunde, das Leben ist lebenswert” aus dessen Giuditta als Draufgabe. Sigmund glänzte hier in der Welt der Operette.

Erwin Schrott wollte mit der Registerarie Leporellos alle Register ziehen, entfernte sich aber mit zuviel Stimmprotzerei von Mozarts Linie, gab dann das “Rondo vom Goldenen Kalb” aus Gounods “Faust” mit dem nötigen stimmlichen Aplomb, während er es bei der Arie des Banquo aus Verdis “Macbeth” wiederum an nötigem Nachdruck in der Tiefe fehlen ließ. Verstärkt wurde das dann trotzdem gehörig und klang entsprechend “bröselig”. Wirklich gut gelangen die Tangolieder, deren Höhepunkt Astor Piazzolas “Los Parajos perdidos” darstellte.

Duette und Szenen erweiterten das Angebot: In der St.Sulpice-Szene war Kaufmann mit Hingabe und Leidenschaft der Partner Netrebkos, ebenso im “Miserere”, gemeinsam waren die Drei im Terzett “Qual voluta trascorrere” aus Verdis “Lombarden” zu hören – hier stach die Netrebko ihre Partner mit perfekter Phrasierung aus – sowie im packenden Finale des 5. Aktes von Gounods “Faust”. Und nicht zuletzt gestand sich das singende Ehepaar mit “Bess, you is my women now” aus “Borgy und Bess” herrlich schön singend und augenscheinlich auch in echt ihre Liebe.

Man sieht Marco Armiliato die Liebe zur Oper an, mit solcher Leidenschaft und Hingabe begleitete er mit den Prager Phiharmonikern den Abend, den Chor bildete der "Wiener Kammerchor". Und war das verstärkte Orchester manchmal zu laut, dann griff man einfach zu den Reglern, um den Sängern akustisch nachzuhelfen. Eingeleitet wurde das Konzert mit dem “Le carnaval romain” von Berlioz, der zweite Teil mit der knalligen “Forza”-Overtüre, dazwischen erklang das Intermezzo aus “Manon Lescaut” und - zur Erholung für die Trommelfelle - der Summchor aus der Butterfly.

Dem Publikum gefiel es ganz außerordentlich. Frau Netrebko fiel mir nach der Pause durch ein anderes Kleid auf, fragen Sie mich als Mann nicht nach Details. Dass sich die zukünftige Restaurantbesitzerin dabei von den Naschereien der Küche fernhalten sollte, das sei nur am Rande erwähnt.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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