Der Neue Merker
Martin Robert BOTZ
Massenet: Werther, Wiener Staatsoper, 24. Januar 2011
Wiener Staatsoper: „WERTHER“ am 24.1.2011
 
Wird sich die Sternstunde von Paris vom Februar des Vorjahrs wiederholen? (Siehe Merkerheft März 2010). Kaufmann – Koch waren damals ein einmaliges Traumpaar.

Das Problem des besprochenen Abends lag am Dirigenten FRÉDÉRIC CHASLIN. Er leitete die eminent hochromantische Oper ziemlich unsensibel, bzw. wie ein veristisches Werk. Darunter litten besonders die ersten beiden Akte. So deckte er das „O nature“ des Tenors ganz zu. Durch den vollen Einsatz der beiden Hauptrollendarsteller, die gleichsam die Initiative an sich rissen und sich voll und ganz einbrachten, entstand im 3. und 4. Akt die vorher vermisste Stimmung und es wurde doch noch ein großer Abend.

SOPHIE KOCH/Charlotte beginnt ja den 3. Akt mit dem Ausruf „Werther“ und hat dann eine große Szene, sie war fabelhaft. JONAS KAUFMANN/kommt dazu und hat das „Pourquoi“ - und es kommt zum großen Duett. Das alles war mitreißend, gänzlich überzeugend, große Oper. An das dunkle, baritonale Timbre Kaufmanns muss man sich jedes Mal, auch wenn man ihn schon oft gehört hat, jedes Mal einstimmen. Er singt perfekt, seine Stimme blüht auf, seine Phrasierung, seine Piani, sein Legato sind vorzüglich und er hat zudem die volle Dramatik. Auch Koch konnte völlig begeistern, denn ihre Gesangskunst, ihr Timbre sind allerbestens. Beide harmonieren auf schönste Weise.

Einige „Regietaten“ sind abgekommen: der Petticoat und die grellblonde Perücke der Charlotte, Albert hält die Indianerfedern nun in Händen, hat sie aber nicht aufgesetzt. Um diese Einfälle ist es nicht schade.

ADRIAN ERÖD hat den Albert zu verkörpern, er hat die unsympathische Rolle, der das Glück der Liebenden unmöglich macht. Stimmlich macht er es sehr gut und er kann diese Rolle gut darstellen. Eine sehr liebe Stimme für die Sophie bringt ILEANA TONCA ein. Ihre große Liebe für Werther bleibt unglücklich.

Der Bailli hat in dieser Produktion eine ganze Klasse an Kindern, er muss sehr gute Nerven haben. Von JANUSZ MONARCHA wird er gut erfüllt. Die beiden Saufkumpane, deren Rollen sehr amputiert wurden waren mit BENEDIKT KOBEL und CLEMENS UNTERREINER gut vertreten.

Der Stehplatz war überraschend schütter besetzt. Da sich nach der Pause eine sehr gute Stimmung einstellte, gab es zum Schluss großen Jubel und viele Bravi für Kaufmann und Koch – sie habe sich die wirklich verdient. Deutlich schwachen Beifall für den Dirigenten, aber kein Buh.



 






 
 
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