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Der Standard, 18.1.2011 |
Ljubisa Tosic |
Massenet: Werther, Wiener Staatsoper, 17. Januar 2011
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Arien-Penalty verwertet
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Massenets "Werther" mit Jonas Kaufmann |
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Wien - Startenöre sind sehr oft nicht nur Fußballfans (Domingo!) - sie
wirken mitunter auch wie jene kostbaren hochbezahlten Kickprofis, die ihre
Arbeit weit vorne am Spielfeld, also als Stürmer, verrichten: Es kann
vorkommen, dass sie in Summe 87 Minuten einen eher unscheinbaren, nicht sehr
sicheren und im Grunde nur soliden Eindruck hinterlassen. Sind sie jedoch
ihr Geld wert, vermögen sie in drei Spielminuten ausbrechender genialischer
Wachheit das Rundleder - und dies spielentscheidend - glanzvoll im Netz zu
versenken.
So konnte also der zurzeit international angesagte deutsche Tenor Jonas
Kaufmann zu fortgeschrittener Werther-Stunde an der Wiener Staatsoper
schließlich das Ariending doch noch reinhauen. Pourquoi me réveiller hatte
alle Ingredienzien jenes magischen Opernaugenblicks, der sich aus
Sicherheit, Klangfülle und geschmackvoll eingesetzter Emphase zusammenbraut
und dem die übliche Orgie an Ovationen folgt. Dabei surfte er elegant auf
jener philharmonischen Orchesterwoge, die ihm bis zu diesem Opernaugenblick
das Leben nicht sonderlich leicht gemacht hatte.
Dirigent Frédéric Chaslin erweckte zwar durchaus elastisch allerlei
romantische Gefühlsregungen - sein schwärmerisch-extrovertierter Zugang
schob sich jedoch bisweilen allzu forsch in den Vordergrund, wodurch
Kaufmann (als Werther eine glaubwürdig liebesdurchdrungene, dann schließlich
todestrunkene Figur) mit seinen Versuchen, auch im diskreten
Pianissimobereich zu reüssieren, undeutlich hörbar wurde.
Dort, wo man ihn wahrnehmen konnte, gebrach es Kaufmann indes auch an
letzter Sicherheit. Aber wie gesagt - glanzvolle Arie. Und da sich um
Kaufmann herum Solides (Benedikt Kobel als Schmidt; Clemens Unterreiner als
Johann; Janusz Monarcha als Le Bailli) und Tolles ereignete, fügte sich
alles zu einem durchaus brauchbaren Abend: Sophie Koch (als Charlotte) hatte
hohe vokale und szenische Präsenz im Angebot, wie auch Adrian Eröd (als
Albert) und die quirlige Ileana Tonca - natürlich als Sophie. |
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