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Kurier, 23. April 2011 |
Gert Korentschnig |
Wagner: Die Walküre, Metropolitan Opera, 22. April 2011
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Mega-Produktion "Walküre" an der MET
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Die New Yorker Oper zeigt die teuerste Produktion aller Zeiten. "Die Walküre" war aber nur sängerisch grandios. Der KURIER war vor Ort. |
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Es
ist "Ring"-Zeit. Und damit ist nicht die ausgebrochene Vermählungswut in
England oder in Monaco gemeint, sondern das ebenso heftig grassierende
Wagner-Fieber. Die Wiener Staatsoper und die Salzburger Osterfestspiele
(gemeinsam mit Aix) haben ihre jeweilige Neuproduktion des "Ring des
Nibelungen" schon hinter sich. Kommendes Jahr ist die Bayerische Staatsoper
an der Reihe. Und im Richard-Wagner-Jahr 2013, wenn es 200 Jahre her sein
wird, dass der Komponist geboren wurde, folgt Bayreuth.
Die Mailänder
Scala hat ihren neuen "Ring" vorerst bis inklusive "Walküre" geschmiedet -
damit hat nun auch die Metropolitan Opera gleichgezogen. Wobei der New
Yorker "Ring" bezeichnend für die nicht gerade bescheidenen USA ist: Es ist
der teuerste aller Zeiten. Man spricht von Produktionskosten von 26
Millionen Dollar. Der Großteil davon floss ins Bühnenbild. Es ist so
aufwendig und schwer, dass dafür sogar der Bühnenboden des Opernhauses
verstärkt werden musste.
Vier Jahre haben Regisseur Robert Lepage,
Set Designer Carl Fillion und viele Techniker daran gearbeitet. Es hätte
sich ja durchaus lohnen können - wenn das Monstrum bei der "Walküre"
dementsprechend genützt worden wäre. So aber ist es primär dekorativ und
deutet seine Möglichkeiten nur an. Es ist wie ein iPad, mit dem man nicht
surft, sondern Tischtennis spielt.
Heavy Metal
Die gigantomanische Maschine besteht aus 24 riesigen Stahlträgern, die
hydraulisch heb- und drehbar sind. Leider krachen sie manchmal, wenn sie
bewegt werden - ein Störfaktor. Auf die Metallschienen werden Videos
projiziert, sodass sie einmal wie Hundings Hütte, dann wie ein Baum, dann
wie "Star Wars"-Assoziationen für den Walkürenritt und am Ende wie der
Brünnhilden-Felsen aussehen.
Die meiste Zeit aber sind sie nur im Weg
und haben keinerlei Funktion. Was sich davor in historisierenden Kostümen,
angelehnt an die Wagner-Zeit, abspielt, ist biederstes Rampentheater, das
nur davon lebt, dass teils exzellente Protagonisten ein Maximum aus ihren
Rollen machen. Steinzeit trifft auf Hightech - ein absurder Mix.
Eine
Personenführung, Kernaufgabe der Regie, ist nicht erkennbar. Lepage hat
offenbar sehr viel Zeit investiert, damit seine Spielereien funktionieren,
die "Walküre" jedoch ist weder interpretiert, noch gestaltet.
James
Levine, der aus Krankheitsgründen noch am Stock geht, macht am Pult des
MET-Orchesters das Gegenteil: Seine Lesart ist zurückhaltend, reduziert, gar
nicht kraftmeierisch. Da- durch bleibt dynamisch und klanglich viel auf der
Strecke.
Idealbesetzung
Grandios ist nur die
Besetzung - so exemplarisch, dass man sich die meisten Sänger sofort für
Wien wünscht. Allen voran Jonas Kaufmann, der erstmals als Siegmund zu hören
war. Er singt die Partie fabelhaft, lyrisch, dann wieder hochdramatisch,
teilweise sogar mit Italianità, was zur "Walküre" durchaus passt. Die
"Wälse"-Rufe und die Winterstürme hat man seit Ewigkeiten nicht auf diesem
Niveau gehört: metallisch und enorm lang gehalten bzw. liedartig fließend.
Bryn Terfel ist ein Weltklassewotan, wortdeutlich, jede Phrase
gestaltend, bis zum Finale präsent. Die erschlankte Deborah Voigt gibt eine
kraftvolle, überzeugende Brünnhilde, Stephanie Blythe eine mächtige Fricka,
Hans-Peter König einen gefährlichen Hunding. Nur Eva-Maria Westbroek als
Sieglinde enttäuschte: Im ersten Aufzug schrill und stark tremolierend,
ließ sie sich vor dem zweiten als erkrankt ansagen, um sich im dritten von
einer Haussängerin ersetzen zu lassen. Jubel für die Gesangskünstler,
Applaus und Buhs für die Regie, die den "Ring" von Otto Schenk aus den
1980er Jahren ablöste. Wenn man die ersten beiden "Ring"-Teile an den
drei wichtigsten Opernhäusern vergleicht, lautet die Zwischenbilanz: In
Mailand ist die optische Umsetzung am attraktivsten (Guy Cassier), in New
York die sängerische und in Wien die orchestrale.
Kaufmann:
Viele Pläne mit Verdi, Puccini und Wagner
Es gibt kaum ein
internationales Sänger-Ranking, in dem Jonas Kaufmann nicht auf einem der
Spitzenplätze landet. "Meinen die wirklich mich?", lautet daher auch der
Titel seiner 2010 im Henschel Verlag erschienen Biografie. Und im
KURIER-Interview sagte er kürzlich: "Ich singe, weil es mir Spaß macht und
nicht, um immer allen zu gefallen. Wenn es 100 Prozent Übereinstimmung gäbe,
würde ich mich fragen: Habe ich mich wirklich so sehr verbogen?"
Kaufmann, geboren in am 10. Juli 1969 München, ist einer der wenigen Tenöre,
die das Wagner-Fach mit Mozart-Rollen zu verbinden wissen. "Das möchte ich
auch so beibehalten. Die Mischung macht es aus."
An der MET sang er
nun seinen ersten Siegmund in der "Walküre", die beiden Siegfried-Partien
(in der gleichnamigen Oper und in der "Götterdämmerung") will er aber ebenso
noch umschiffen wie Tannhäuser oder Tristan. Für das Wagner-Jahr 2013 ist
eine "Meistersinger"-Premiere geplant, in der Rolle des Walther von
Stolzing. Der Reiz an schwierigen Wagner-Rollen sei natürlich da, weil es
"eine so große Not an Wagner-Tenören" gebe.
Geplant sind auch Debüts
in "Trovatore", "Maskenball" (Verdi), "Manon Lescaut", "Fanciulla del West"
(Puccini), "Les Troyens" (Berlioz) oder "Andrea Chénier" (Giordano).
In Österreich ist Kaufmann als Nächstes bei einem Konzert mit Anna Netrebko
Erwin Schrott am 6. August in der Wiener Stadthalle zu hören. Bei den
Salzburger Osterfestspielen singt er 2012 den "Don José" in einer
Neuproduktion von Bizets "Carmen". Simon Rattle dirigiert die Berliner
Philharmoniker. Auch beim Salzburger Sommerfestival wird er ab 2012 in der
Intendanz von Alexander Pereira mehrfach zu hören sein.
KURIER-Wertung: **** von ***** Fazit: Fabelhafte Wagner-Sänger
Das
Werk Wagners "Walküre", nach dem Vorspiel "Rheingold" der 1. Tag des
"Ring", wurde 1870 uraufgeführt.
Die Produktion James Levine
dirigiert sanft, die Regie von Robert Lepage ist allzu technikfixiert.
Grandios Jonas Kaufmann (Siegmund), toll Terfel (Wotan) und Voigt
(Brünnhilde).
Die MET: Seit 1880 Operngeschichte
Die
Metropolitan Opera Company wurde 1880 gegründet, ihr erster Sitz war ein
Opernhaus am Broadway zwischen 39. und 40. Straße. Dieses Theater wurde
durch einen Brand zerstört, wieder aufgebaut und bis 1966 bespielt. In eben
diesem Jahr wurde die neue MET im Lincoln Center eröffnet. Sie ist mit 3900
Plätzen eines der größten Theater der Welt.
General Manager ist seit
2006 Peter Gelb, der nicht nur durch seinen Spielplan, sondern auch durch
Liveübertragungen in Kinos punktete. Music Director ist seit 1974 James
Levine - der längst dienende Chefdirigent. Der neue "Ring" geht am 27.
Oktober 2011 mit "Siegfried" weiter, am 27. Jänner 2012 folgt
"Götterdämmerung". |
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