Süddeutsche Zeitung, 30.7.2011
MICHAEL STALLKNECHT
Liederabend, München, 26. Juli 2011
Gaumiger Edelknödel
 
 
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Unter welchem Beweisdruck der Shootingstar dadurch inzwischen steht, war beim Liederabend im Rahmen der Münchner Opernfestspielen unüberhörbar.
Angespannt steht Kaufmann auf der großen Bühne des Nationaltheaters. Mit der Programmwahl hat er es sich nicht leichter gemacht, schon in den spröden Liedern von Franz Liszt zu Beginn muss die Stimme oft ohne Klavierbegleitung tragen. Geistig ist das denn auch alles durchdrungen, die Textverständlichkeit fabelhaft an diesem Abend. Doch nirgends fließt der Ausdruck organisch aus der Erzählung, die Farben wirken sämtlich aufgesetzt. Spätestens mit den Rückert-Liedern von Gustav Mahler werden die technischen Hindernisse unüberhörbar. Es dominiert ein gaumiger Edelknödel, die Tonproduktion springt schwer an und bleibt unstet. Die leiseren, helleren Momente, um deren Herstellung Kaufmann sich müht, klingen matt und kehlig. Grotesk, wie Helmut Deutsch sich dazu am Klavier in gleichförmig feingeistige Glasperlenspiele verkrümelt. Indem der eigentlich so erfahrene Liedbegleiter jeden dramatischen Zug, jeden großen Atem verweigert, drosselt er den dringend benötigten Kraftnachschub.

Den erhofft man sich für die zweite Hälfte von den weiten Bögen in den französischen Liedern von Henri Duparc, von dem opernhafteren Zugriff, den die fünf gewählten Lieder von Richard Strauss erlauben. Doch bleiben die Linien brüchig, treibt Kaufmann vor allem die Höhen nun mit so viel Druck empor, dass er sie oft gar nicht mehr erreicht.
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