Berliner Zeitung, 18. August 2011 
Ann-Christine Mecke
Konzert, Berlin, Waldbühne, 16. August 2011
Gipfeltreffen der Routine
 
Anna Netrebko, Jonas Kaufmann und Erwin Schrott in der Waldbühne
 
Natürlich singen sie gut. Anna Netrebkos Sopran ist noch immer von klinischer Sauberkeit, Jonas Kaufmanns Tenor strahlend, satt und facettenreich, Erwin Schrotts Bassbariton souverän. Dass der Applaus im ersten Teil des Waldbühnen-Konzerts "Gipfeltreffen der Stars" trotzdem eher höflich als enthusiastisch ausfiel, hatte wohl mit dem Programm zu tun, das sich die Hits und zugkräftigen Nummern für die zweite Hälfte aufsparte - um auch dann noch damit zu geizen.

Vor allem Netrebko blieb gesanglich mit vorwiegend langsamen Nummern in ihrer Komfortzone, wo sie sich mit ihrem perfekten Ton phasenweise sogar selbst zu langweilen schien. Im sonst von Puccini und Verdi dominierten Programm hatte Bassbariton Schrott naturgemäß einen schweren Stand, er verlegte sich auf südamerikanisches und spanisches Repertoire.

Allein Jonas Kaufmann gab mit Puccinis "Addio alla madre" und Richard Taubers "Du bist die Welt für mich" dem Operngala-Affen so richtig Zucker. Etwas mehr Risiko, etwas mehr ausgestellte Virtuosität, ja: etwas mehr Gala hätte man sich für das "Gipfeltreffen der Stars" schon gewünscht.

Hinter dem geübten Charme der drei Solisten schimmerte die berechnende Haltung durch, dass ihr routinierter Gesang schon reichen würde, ein Freiluftkonzert zum "Konzert des Jahres" zu adeln: Netrebko und ihr Lebensgefährte Schrott ließen sich ungeniert Notenständer aufbauen, als wäre Auswendigsingen etwas für Anfänger im Operngala-Business, und nach je einer Zugabe war Schluss - obwohl sich das Publikum nach "O, mio bambino caro" und "Freunde, das Leben ist lebenswert" endlich so enthusiasmiert wiederfand, wie man es bei diesen Kartenpreisen wohl erwarten kann: Zwischen 50 und 270 Euro kostete eine Karte für das Gipfeltreffen, in der VIP-Kategorie sogar unglaubliche 410 Euro. Die Waldbühne war trotzdem voll.

Das ZDF kam mit Markus Lanz und ganz vielen ferngesteuerten Kameras. Auch die Programm-Hochglanzbroschüre, für acht Euro käuflich zu erwerben, machte mit einer bisher noch nicht erlebten Superlativ-Dichte deutlich, dass an diesem Abend das Bekannteste und Bedeutendste von den Berühmtesten und Renommiertesten zu hören war. Das Publikum schien zufrieden. Die Rechnung ist aufgegangen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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