Der Neue Merker

Damian Kern

Puccini: Tosca, Bayerische Staatsoper, München, ab 28. Juni 2010

München, Staatsoper: Puccinis TOSCA am 10.7.2010

LUC BONDYs Deutung des hochdramatischen Stoffes mag in den Vereinigten Staaten revolutionär gewesen sein, hier in deutschen Breiten wirkt die Inszenierung platt, plakativ und wenig spannungsreich, hangelt sich einerseits brav am Libretto entlang, verschenkt dabei gänzlich sinnfällige Höhepunkte wie die Aktschlüsse. Die Hauptpersonen sind stereotyp angelegt: Floria als opulente Opernsängerin, Mario als Latino-Lover, Scarpia als roher Wüstling -keine Überraschungen, zumal die Akteure auch steif und klischee-behaftet wenig Erhellendes zu erzählen haben. Bühne und Kostüm unterstreichen die Schwarz-Weiß-Malerei noch, stilistisch im Nirgendwo. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, solche Inszenierungen über den großen Teich zu holen. Gesungen wird von JONAS KAUFMANN der Maler Cavaradossi viril, fast schwarz timbriert und glutvoll, ohne stimmliche Begrenzung. In seiner Arie im dritten Akt riskiert er mutigstes Piano. KARITA MATTILA gibt eine sehr reife, vollstimmig-süffige Tosca mit reicher musikalischer Farbe. Eine große Enttäuschung ist JUHA UUSITALO, dessen Bariton zwar laut, aber extrem flach und stellenweise richtig hässlich klingt, von mangelnder italienischer Phrasierung eimal abgesehen. Die Comprimari sind solide besetzt. KEVIN CONNERS spielt die undankbare Spoleta-Rolle mit konzentrierter Bühnenausstrahlung, CHRISTIAN VAN HORNs Angelotti ist jugendlich aufrecht, aber vokal recht harmlos. Der Mesner von ENRICO FISSORE bleibt unauffällig, den Gefängniswärter gestaltet CHRISTIAN RIEGER szenengerecht trocken. FABIO LUISI musiziert vollmundig mit dem Bayerischen Staatsorchester, einen Breitwand-Puccini mit Herz und Bauch, und ist dabei nicht auf Perfektion, sondern auf nicht immer kontrollierte Emotion aus. Der Chor unter ANDRES MASPEROs Leitung überzeugt im Te Deum. Der erhoffte ganz große Opernabend blieb aus, was allerdings an den szenischen Unzulänglichkeiten lag.