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DrehPunktKultur/Wiener Zeitung, 29.06.2010 |
Von Jörn Florian Fuchs |
Puccini: Tosca, Bayerische Staatsoper, München, 28. Juni
2010
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Tosca stirbt vor Langeweile
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Ein Puccini-Debakel von Luc Bondy und Fabio Luisi zum Auftakt der
Münchner Opernfestspiele. Ein Lichtblick: Jonas Kaufmann als Cavaradossi.
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Als
man am Montag das Nationaltheater zu München betrat, herrschte bestes
Biergartenwetter. Unweigerlich stellten sich Eskapismus-Gedanken ein: Warum
nicht einfach mal eine Aufführung schwänzen? Die Premiere gilt zwar als
Höhepunkt der Münchner Opernfestspiele, kommt aber ohnehin bald auf DVD
heraus. Dann denkt man an den Regisseur Luc Bondy, er ist doch so ein
feinsinniger Mensch, ihm ist bestimmt etwas Tolles zur „Tosca“ eingefallen.
Immerhin war die Produktion zuvor schon an der New Yorker MET zu sehen und
wurde sogar in einige Kinos übertragen (auch in unseren Breiten), also muss
das schon etwas ganz Besonderes sein – und die Mailänder Scala wird den
Schmachtfetzen um die tragische Liebe zwischen einer Sängerin und einem
bildenden Künstler auch noch zeigen. Worum geht’s genau? Ein korrupter Baron
und politische Wirren um 1800 sorgen fürs Erbleichen aller Hauptfiguren.
Auch in München erbleicht man rasch und ärgert sich zunehmend heftiger, die
Sache mit dem Biergarten doch nicht realisiert zu haben. Denn was sich da
auf der Bühne (nicht) abspielt, lässt einen am Verstand der Ausführenden wie
der künstlerisch Verantwortlichen (ver)zweifeln. Wir sehen ein paar schlecht
ausgeleuchtete Räume, die angedeutete Kirche, einen fast leeren Salon,
schließlich - nach einer minutenlangen Umbaupause - etwas Mauerwerk nebst
Treppe für Toscas finalen Abgang. Letzterer passiert wie bei Loriots
lustigem Opernstadl, die indignierte Dame stößt mittels Händen und Füßen
ihre mit Schießprügeln bewaffneten Häscher zurück, dann sieht man
schattenhaft einen menschlichen Körper halb herunterfliegen. Vorhang. Zuvor
gab es reichlich zielloses Herumgelaufe, sturzbiedere Allerweltsoperngesten
und da nach dem Mord an Scarpia noch so viel Musik übrig war, legte sich
Floria Tosca in ihrem roten Kleid erstmal aufs rote Kanapee (Farbsymbolik!)
und wedelte sich mit einem Fächer Luft zu. Mehr ist zu diesem Abend nicht zu
sagen – eine düster-betuliche Zumutung ohne Kraft, Spannung, Poesie.
Bleibt also die Musik. Nun gibt es natürlich unterschiedliche
Herangehensweisen, man kann das Ganze eher süßlich interpretieren oder auch
eine härtere, rauere Gangart wählen. Fabio Luisis Dirigat hingegen schwankt
zwischen konzeptlosem Klanggeklingel und brüllendem Fortissimo. Luisi
rumpelt sich durch den Abend, die paar schönen, elegischen Momente werden
rasch durch Grobschlächtigkeit eingedampft. Und dann ist die Titelpartie
auch noch mit einem Weltstar besetzt, der wirklich vieles kann, aber eben
keine Tosca singen: Karita Mattila fehlt es an vokalem Glanz und
differenziertem Ausdrucksvermögen. Dafür gab es am Ende etliche Buhs
(deutlich mehr erhielten allerdings Luisi und Bondy). Juha Uusitalo gab
einen nur soliden Scarpia, im übrigen Ensemble überzeugten immerhin Kevin
Conners (Spoletta) und Christian Van Horn (Cesare Angelotti). Einen
Triumph hatte diese misslungene Tosca-Premiere allerdings doch zu bieten:
Jonas Kaufmann lieferte als Cavaradossi einfühlsame Schmerzenstöne und es
ist beeindruckend, wie mühelos bei ihm die Töne nur so fließen und flirren.
Dafür immerhin lohnte der Verzicht auf den Biergarten.
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