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Kultiversum, 29. Juni 2010 |
Joachim Lange |
Puccini: Tosca, Bayerische Staatsoper, München, 28. Juni
2010
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Große Namen - kleine Lösung
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Mit einer «Tosca» von Luc Bondy und Fabio Luisi schrammen die Münchner
Opernfestspiele nur knapp an einem Fehlstart vorbei. |
Foto: Bayerische Staatsoper |
München ist sich ja meist selbst genug – das bajuwarische «Mir san mir» gilt
nicht nur in der Politik oder am Biergartenstammtisch, sondern meistens auch
am Max-Joseph Platz im Nationaltheater. Die sommerlichen Opernfestspiele hat
Nikolaus Bachler diesmal ausgerechnet mit einer «Tosca» eröffnet, die an der
New Yorker MET schon gelaufen ist und an der Mailänder Scala noch
herauskommen wird; also eine einreißende Koproduktions-Unart der großen
Häuser unterstützt. Da das Ergebnis aber auch genau so aussieht, hat er sich
und dem Publikum damit keinen Gefallen getan.
Was nämlich Luc Bondy, Richard Peduzzi (Bühne) und Milena Canonero (Kostüme)
hier in den Gewändern einer pseudohistorischen Akkuratesse auf die Bühne
bringen, kommt nicht über eine Mischung aus schlichter Langeweile,
Altherrenerotik und als Grapscherei missverstandene Gewalt hinaus. Dieser
Scarpia etwa wäre in jedem Regime eher ein Fall für die Dienstaufsicht oder
den Psychiater und nicht fürs Tribunal oder politisch grundierte weibliche
Notwehr. Hier müsste sich schon die latente Gewalt, die im Raum stehende
Androhung, die Spannung in der Begegnung mit Tosca anheizen und nicht so
simpel einfach zugelangt werden. Außerdem bleibt der den Brutalo spielende
Juha Uusitalo leider stimmlich so blass und ohne jegliche diabolische Tiefe,
dass es an eine Fehlbesetzung grenzt. Das kann man von Karita Mattila in der
Titelrolle nun zwar nicht sagen. Doch ihre professionelle Erfahrung
reichte dann doch nicht, um bis zum gerade noch erkennbaren Sprung von der
Kulissentreppe mit diesem Cavaradossi mitzuhalten. Was bei der mühelosen
Strahlkraft des, natürlich, erstklassigen Jonas Kaufmann schon eine
Sensation wäre.
Dass selbst dieser Spitzentenor das Unternehmen nicht vom brav abgespulten
Opernklassiker in den packenden Reißer hieven kann, liegt aber auch an Fabio
Luisi im Graben. Der vorzeitig aus Dresden geschiedene, designierte
Zürcher GMD für die Ära Andreas Homoki ist erfreulich genau, noch mehr aber
von epischer Breite. In seiner Getragenheit scheint er bewusst, den wirklich
mitreißenden emotionalen Ausbruch mit dem Bayerischen Staatsorchester zu
meiden. Doch da Bondy auf der Bühne nirgends wirklich mit seiner
ausgewiesenen Fähigkeit fürs Kammerspiel einspringen kann (oder will),
bleibt obendrein auch noch dem sich fast von selbst spielenden Thriller die
Luft weg.
Die mit Event-Glamour garnierte Eröffnung war also keine richtige
Katastrophe, ein Skandal (wie in New York) schon gar nicht. Aber echte
Begeisterung über die Wiederbegegnung mit einem Liebling des Repertoires
hört sich irgendwie anders an. Das Publikum bedachte Kaufmann mit dem
verdienten Jubel und verteile den restlichen Beifall und die eingestreuten
Buhs eher lustlos und ziemlich kenntnisreich. Bleibt die Hoffnung, auf
die noch ausstehende, einzige echte Neuproduktion der Festspiele. Aber
Barrie Koskys wird die «Schweigsame Frau» von Richard Strauss im
Prinzregententheater schon zum Reden bringen. So oder so. |
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