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DrehPunktKultur, 31.03.2010 |
Heidemarie Klabacher |
Verdi: Messa da Requiem, Salzburg, 30. März 2010
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Verdammt gut erlöst
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31/03/10 Aufführungen geistlicher Werke im weltlichen Kontext verdichten
sich nur äußerst selten zu „Weihestunden“ geistlich-musikalischer Natur. Das
Verdi-Requiem der „Berliner“ unter Mariss Jansons ist diesem Anspruch
verdammt gut - oder auch „erlöst gut“ - gerecht worden. |
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So glaubwürdig, so scheinbar in sich versunken und gleichzeitig so
konzentriert auf die Genauigkeit auch der kleinsten rituellen Geste, hat
noch selten eine Priesterschar ihrem Gott „Opfergaben und Gebete“
dargebracht: Das „Hostias“ aus dem Offertorium war eine der innigsten
Augenblicke dieser brillanten Aufführung: Mit Giuseppe Verdis „Messa da
Requiem“ endete am Dienstag (30.3.) der erste Zyklus der
Osterfestspielkonzerte.
Klang die Stimme des Tenorsolisten Jonas Kaufmann gelegentlich auch ein
wenig belegt und eng: Im Dialog mit den Geigen in diesem wundersamen
„Hostias“ blühte die Stimme auf zu voller weicher Größe und
facettenreichstem Klang - trotz äußerstem Pianissimo. Auch die weiteren
Mitglieder im Solistenquartett - die bis dahin vor allem kräftig, stand- und
sattelfest agiert hatten - ließen sich spätestens ab diesem „Hostias“ immer
mehr ein auf die Risiken, damit aber auch auf die Sogkraft des Leisen.
Die Solisten und der brillante Chor des Bayerischen Rundfunks folgten Mariss
Jansons in ebenso blindem wie berechtigtem Vertrauen in durchaus extreme
Bereiche der Emotions- und Ausdruckspalette.
Und gerade durch die immer wieder fein herausgearbeiteten Kontraste zur
Innerlichkeit und Stille kamen auch die hochdramatischen Passagen erst zu
ihrer vollen Wirkung: Sie bäumten sich auf, wie die Rosse aus der
Apokalypse, oder loderten auf wie Weltenbrand. Aufregend.
So wirkte nach der von Jansons besonders tänzerisch und duftig angelegten
Sanctus-Fuge das Agnus mit seinen unisono-Passagen besonders streng und
„klerikal“. Und das war nur gut so: Der Sphärenklang von Sopran und Geigen,
mit dem gleich darauf das „Ewige Licht“ aufging, kam dadurch zu noch
überwältigenderer Wirkung. Er wird ebenso in Erinnerung bleiben, wie die
verspielten Flötenranken um die Melodien der hervorragenden Solisten
Krassimira Stoyanova, Marina Prudenskaja, Jonas Kaufmann und Stephen
Milling.
Bis zum Sprechgesang, ja bis zum Flüstern hat Jansons die Solisten sich
immer wieder zurücknehmen lassen. Geradezu unheimlich das Libera me, die
große „Szene“ für den Sopran, in der so aufwühlend wie unverbrüchlich Ewige
Ruhe verheißen wird.
An opernhafter Italianitá fehlt es ja nicht im Verdi-Requim, von der
Barcarole über das Verschwörer-Ensemble bis zur Schmacht-Arie ist alles da -
im geistlichen Kostüm natürlich: Die Berliner Philharmoniker untermalten das
alles mit den buntesten und gleichzeitig transparentesten Farben. |
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