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Merkur, 31.03.2010 |
Beate Kayser |
Verdi: Messa da Requiem, Salzburg, 30. März 2010
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Osterfestspiele - eine Generalprobe der Extraklasse
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München - Die Generalprobe zu den Salzburger Osterfestspielen fand nicht
nur wegen ihrer hochkarätigen Besetzung großen Anklang. Das Verdi-Requiem
unter Mariss Jansons muss eine echte Offenbarung gewesen sein. |
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Der Buschtrommelwirbel aus Berlin war gewaltig. Das Verdi-Requiem unter
Mariss Jansons mit den Berliner Philharmonikern, dem Chor des Bayerischen
Rundfunks und einem erlesenen Solistenquartett muss eine Offenbarung gewesen
sein. Und dabei war es doch „nur“ die Generalprobe für die beiden
Aufführungen bei den Salzburger Osterfestspielen. Am Dienstag marschierte
das hochgestimmte Publikum dort in Abenddirndl mit Nerzstola, aber auch in
feiner Eleganz, sogar unbekümmert in altem Pullover im ausverkauften Großen
Festspielhaus ein. Man rief sich schnell noch „Hinterher eine Kleinigkeit im
Goldenen Hirschen essen!“ zu und ließ sich dann überwältigen allein schon
von der zum Kunstvollzug antretenden Menschenmassen auf dem Podium. Der Chor
zuerst, dann das Orchester, nach langer Pause, heftig beklatscht, der
fidel-ungezwungene erste Geiger, die Solisten und, mit Jubel begrüßt, Mariss
Jansons.
Der senkt den Kopf. Man spürt, dass er sich sammeln will. Gehuste,
Geraschel. Wird er drüberdirigieren? Nein, er versucht, sein Ziel, die
notwendige absolute Stille vor dem Pianissimo-Beginn, durchzusetzen. Kaum
möglich, wenn man mit Kenntnis und zuverlässiger Sensibilität im Publikum
nicht mehr rechnen kann. So setzt es denn an, in den letzten Huster hinein,
dieses überirdische Piano, das für das Stück so entscheidend ist, weil es
eine der wenigen Stellen der Transzendenz ist in diesem ganz aus der
irdischen Perspektive geschriebenen Requiem.
Jansons dirigiert mit dem verführerisch perfekten Apparat den großen
menschlichen Aufschrei, den Hader mit der Tatsache des Todes. Der
überwältigende Chor (Peter Dijkstra) und das Orchester überbieten einander
an präziser Schlagkraft. Die Paukenschläge haben eine erschreckende
Endgültigkeit. Und die beiden Frauenstimmen, Sopran und Mezzo, flüchten
nicht in den puren Wohllaut, sondern meinen es ernst mit dem „Recordare,
Jesu pie“ (Bedenke doch, milder Jesus, dass du kamest meinetwegen...). Das
ist eine Auseinandersetzung, keine Ergebung ins Unvermeidliche wie auch das
nach manchen Scheintröstungen doch immer wieder herausknallende „Dies irae“
(Tag des Zorns) des Chors. Jansons nimmt den Kampf auf. Und so hat er auch
die beiden Frauen ausgesucht: Krassimira Stoyanova, deren leuchtender Sopran
seit ihrer Luisa Miller in München noch voluminöser geworden ist, und die
Russin Marina Prudenskaja mit ihrem dunklen, herben Mezzo. Weichheit bringen
diesmal die Männer ein: Stephen Milling, ein warmer, zu feinem Ausdruck
fähiger Bass, der es nicht bei bloßer Stimmkraft bewenden lässt. Und
Jonas Kaufmann ist die Freude des Abends. Es gibt kein größeres Podium als
diese Osterfestspiele. Da hört die Welt zu. Wie viel kluge Arbeit an seiner
Partie er da in Inständigkeit verwandeln kann („Hostias“), wie wenig er
auftrumpft, natürlich bleibt und in den Spitzentönen doch italienischen
Glanz schimmern lässt, das ist berührend – an diesem Abend der manchmal auch
leise einschüchternden „Weltklasse“.
Weit entfernt davon, auch nur einmal Atem zu holen, schrie und klatschte das
Publikum in den letzten, verlöschenden Ton hinein. |
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