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Gabriele Luster
Operngala, München 25. Mai 2010
Singen für die Wahrheit
 
 
(München, 25. Mai 2010) Einen viel versprechenden Vorgeschmack auf die Münchner Opernfestspiele offerierte Star-Tenor Jonas Kaufmann dem begeisterten Publikum als Zugabe bei seinem Arienabend am Dienstag in der nahezu ausverkauften Philharmonie im Gasteig: Mit "E lucevan le stelle" aus Puccinis "Tosca" machte er neugierig auf seinen Festspiel-Cavaradossi - Premiere ist am 28. Juni im Nationaltheater. Dabei zeichnete Kaufmann mit großer Intensität ein feines Psychogramm des Todgeweihten, der von der Engelsburg aus ein letztes Mal in den Sternenhimmel blickt.

Auch die Blumenarie Don Josés ("Carmen") hatte er zuvor zum innigen Erinnerungsmoment gemacht, in dem es nicht ums Ausstellen der Stimme, um protzige Töne und üppige Schluchzer geht, sondern um die Wahrheit des Gefühls. Dafür riskiert Kaufmann einiges. Er nimmt die Stimme zurück, färbt sie sensibel ein, setzt ganz auf Ausdruck - und gewinnt.

Auf diese Erfolgsspur schwenkte der Tenor, der vom Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Michael Güttler begleitet wurde, allerdings erst beim "Freischütz"-Max ein. Da klang sein dunkel timbrierter Tenor endlich frei, saß die Stimme vorn in der Maske, nahm er die Höhe ohne Anstrengung. Zuvor hatten Beethovens Florestan ("Fidelio") und Mozarts Tamino ("Zauberflöte") arg enttäuscht.

 Aus den Tiefen des Gaumens hatte Kaufmann zum "Gott, welch Dunkel hier" angesetzt und den Ton nicht ohne Effekt zum Fortissimo anschwellen lassen. Dennoch, vieles blieb weiterhin gaumig, wirkte technisch hergestellt, klang in der Höhe angestrengt und strömte keineswegs selbstverständlich. Das änderte erst Webers Max.

Auch bei Wagners "Parsifal" ("Amfortas! Die Wunde!") bewegte sich Jonas Kaufmann in seinem Element, baute er sicher auf seine fundierte Mittellage. Sein baritonales Timbre prädestiniert ihn auch zum Siegmund. Doch leider fehlte dessen "Winterstürmen" ("Walküre") dann doch der alle Normen sprengende Überschwang. Das lag wohl auch am Orchester, mit dem Michael Güttler gern in Tempo- und Dynamik-Extreme floh, aber oft nicht die nötige Spannung und Präzision herstellte. Schuberts Zwischenaktmusik zu "Rosamunde" lag ihm und die beiden "Lohengrin"-Vorspiele wirkten, bei aller Üppigkeit, transparent und licht.

Das Vorspiel zum ersten Akt leitete nahtlos über zum (leider durch unschöne Vokalverfärbungen minimal getrübten) Outing des Schwanenritters: "In fernem Land". Wie schon im Nationaltheater entwickelte Kaufmann die Gralserzählung aus zartestem Pianissimo, steigerte sie intelligent und bannte das Publikum so, als würde er ihm eine unerhörte Neuigkeit erzählen. So muss es sein. Großer Jubel und standing ovations.






 
 
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