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Der Neue Merker, 27. Juli 2010 |
Klaus Billand |
Wagner: Lohengrin, Bayreuth, 25. Juli 2010
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BAYREUTHER FESTSPIELE: LOHENGRIN - Premiere am 25.7.2010
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Regisseur Hans Neuenfels inszeniert, Dirigent Andris Nelsons dirigiert:
Der neue „Lohengrin“ in Bayreuth überzeugt vor allem musikalisch. |
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Anlässlich seiner zweiten Auseinandersetzung mit dem Werk Richard Wagners
mit einer Neuinszenierung des „Tannhäuser“ am Essener Aalto-Musiktheater vor
etwa zwei Jahren schien der mittlerweile auch schon 69-jährige Hans
Neuenfels, bereits 2005 und 2008 zum „Regisseur des Jahres“ gewählt, seinen
Frieden mit Wagner gefunden zu haben. Er hatte ihn zwar lange bewundert und
war von ihm auch fasziniert, empfand für ihn aber nicht die große Liebe wie
zu Mozart und Verdi, wie er damals in einem Interview mit der Dramaturgin
schilderte. Schon in der gestrigen Pressekonferenz vor der Premiere und auch
in einigen Interviews hatte Neuenfels seine große Sympathie für das Werk des
Bayreuther Meisters durchklingen lassen, ja dass aus diesem inneren Frieden
nun eine „verwundbare Liebe“ geworden sei, wie er in der SZ in einem
Interview mit Wolfgang Schreiber meinte. Neuenfels ist am Ende zu Wagner
über die Musik gekommen, sieht in ihm Avantgarde, „seine Musik denkt, und
sie denkt groß“. Er hält sie für Begriffsmusik, die phänomenologisch
arbeitet, beispielsweise mit der Technik von Aufschichtung und Entschichtung
in den großen Chören des „Lohengrin“. Dann das Verweben von Innerem und
Äußerem, was für Neuenfels pure Gedankenmusik ist. Und das hält er - nun
offenbar in einem ganz positiven Sinne - für „sehr deutsch“...
Die von Neuenfels schon damals in Essen geäußerte Erkenntnis, Wagner sei
romantisch, verrückt im positiven Sinne, temperamentvoll, neugierig sowie
mutig und verwegen, hat sich nun auch in seiner Neuinszenierung des
„Lohengrin“ zur Eröffnung der 99. Bayreuther Festspiele in den Bühnenbildern
und den damit nahezu hermetisch verknüpften Kostümen von Reinhard von der
Thannen, niedergeschlagen. Mit ihm arbeitet er bereits seit einem
Vierteljahrhundert zusammen,. Henry Arnold wurde für die Dramaturgie und
Regie-Mitarbeit gewonnen. Wer Neuenfels und von der Thannen unter Vertrag
nimmt weiß, das eine unkonventionelle Lesart des Stückes zu erwarten ist,
die in der Regel einige, möglicherweise viele Gemüter erhitzt, mit
ebensolcher Regel aber dennoch in sich schlüssig ist - trotz aller
vermeintlichen oder tatsächlichen Verfremdungen und Ungereimtheiten. Da sind
erfahrene Theaterleute am Werk. Das merkte man auch wieder an diesem mit
größter Spannung erwarteten und umstritten endenden Premierenabend auf dem
Grünen Hügel. Wer jedoch eine nahe an der Werkaussage, also mit christlichen
Elementen operierende Interpretation erwartet hatte, wäre gut beraten
gewesen, seine Karte in der ersten Pause den vielen nur darauf Wartenden zu
überlassen. Das Experiment Neuenfels in Bayreuth - ja, dass er seinen
„Lohengrin“ in die Experimentier-Ästhetik eines Versuchslabors verlegen
lassen würde, war weithin bekannt. Erst nach langen Gesprächen mit von der
Thannen kamen sie auf die so vielseitig im Vorfeld kolportierten Ratten, da
diese in solchen Laboren eine bedeutende Rolle spielen. Man hat sich dabei
auch vom Film „Mein Onkel aus Amerika“ von Alain Resnais inspirieren lassen.
Als eines der frühen Werke Wagners ist „Lohengrin“ eine romantische Oper,
der Komponist offenbar auch noch auf der Suche nach dem Idealmodell des von
ihm postulierten Gesamtkunstwerks. Er ist der Ästhetik der zu Ende gehenden
Romantik in gewisser Weise noch verbunden. Dass ein glänzender Ritter aus
dem Nichts auf die mit realpolitischen Problemen kämpfende Erde kommt, sich
als Kämpfer für Gerechtigkeit postuliert, seiner gewünschten Frau Elsa, die
er noch gar nicht kennen gelernt hat, das Versprechen abnimmt, niemals
wissen zu wollen, woher er kommt und wer er ist, ihm aber dennoch treu zu
sein, ihr daraufhin die Liebe gesteht und sie einige Stunden später zum
Traualtar führt, mag durchaus romantisch sein. Das ist aber sicher für Hans
Neuenfels kein Anlass, es eins zu eins umzusetzen. Dass dieses utopische
Projekt schief gehen muss, hatte ja selbst Wagner gesagt, als er meinte,
dass der „Lohengrin“ seine traurigste Oper sei.
So war es erst einmal ein wesentliches Anliegen des Regieteams, der Handlung
alles Heilige zu nehmen, ihr das Pathos zu entziehen und nicht noch
zusätzliche Romantik auf die Bühne zu bringen, um so die ohnehin schon
romantisch und mit Pathos aufgeladene Musik nicht noch weiter zu beschweren.
Humor, der bei aller Dramatik und Tragik der Wagnerschen Musikdramen auch
immer eine Rolle spielt, sollte dabei auch diesmal nicht zu kurz kommen.
Dabei beginnt es durchaus bewegend: Schon wenige Minuten nach Beginn des
Vorspiels öffnet sich der Vorhang, und wir gewahren die klinisch blendend
weiße Wand des Versuchslabors, hinter dessen Mauern es, wie man bald merken
wird, mit brutalem Zwang und Manipulation zu Werke geht. Eben wie das in
einem Labor der Fall ist, in dem die Versuchstiere ja kaum freiwillig zu
ihrem traurigen Einsatz kommen. Lohengrin Jonas Kaufmann, der Star des
Abends und ganz er selbst in einfacher Tageskleidung, stemmt sich mit allen
ihm zu Verfügung stehenden Kräften gegen diese Wand - lange will sie nicht
weichen, dann aber doch! Beim tutti aus dem Graben öffnet sich das Tor
schließlich. Nicht nur hier wird deutlich, dass Neuenfels ganz nahe an der
Musik inszeniert, eine große Stärke der Produktion. Lohengrin findet also
Einlass, ganz sicher kommt nun Bewegung in dieses leck geschlagene
Versuchsbiotop! Und die Idee von Neuenfels und von der Thannen ist mit dem
Einbruchs Lohengrins in diese abgeschlossene und mit sich selbst
beschäftigte Welt dieselbe, die schon Wagner postulierte: Die Liebe, in
ihrer Utopie und in ihrem Scheitern. Und das gelang ihnen, auch wenn das
Regiekonzept des Versuchslabors mit seiner mehrfarbigen Rattenbevölkerung
von schwarz, weiß, und rosa für die Kleinen, zeitweise an den Rand allzu
großer Skurrilität und des Scheiterns gelangte.
Die vordergründig possierlichen Ratten, eine anonyme und optisch sogar
geschlechtslose Masse, mit Nummern zur Erkennbarkeit auf dem Rücken, werden
sehr geschickt choreografiert und lassen somit das altbekannte Problem der
Chorstatik im „Lohengrin“ gar nicht erst aufkommen. Das ist ein Gewinn. In
ihren Aktionen versteckt Neuenfels hintergründig, manchmal aber auch
plakativ, durchaus grausame Botschaften über die Unfähigkeit des Menschen,
frei und autonom sein eigenes Dasein zu gestalten, ohne „einen Gott als
Entschuldigung für sein nicht geleistetes Dasein“ zu suchen. Dabei lassen
einige Momente im Versuchslabor voller - menschlicher - Ratten (i.e. dem
wieder einmal hervorragend singenden Bayreuther Festspielchor unter Leitung
von Eberhard Friedrich) im 1. Akt im gleißenden Licht von Franck Evin des
aseptisch kühlen Bühnenbilds in schwarz und weiß unterschwellige
Assoziationen auf sehr Ernstes zu. Da zückt plötzlich eine Ratte ein Messer
und will den König als den offenbar selbst verängstigten Labor- bzw.
Lagerleiter (die Gerichtseiche ist in einem Blumentopf verkümmert sichtbar)
mit schwarzer, dem Untergang wohl geweihten Krone, von hinten abstechen. Der
Abweichler vom kollektiven Zwang wird natürlich umgehend von den hellgrün
vermummten LaborgehilfInnen abgeführt - mit leicht zu erratenden
Konsequenzen. Das konnte schon Assoziationen mit ähnlichen und aus einigen
Filmen bekannten Szenen in den Konzentrationslagern wachrufen. Später gibt
es mal eine Attacke der Ratten auf die LaborgehilfInnen, die daraufhin
sofort Verstärkung rufen und Spritzen setzen, aber schließlich dennoch von
den Ratten besiegt werden. Im 3. Akt wird ein Video (Björn Verloh) mit
Trickaufnahmen einer immer größer werdenden Horde von rennenden Ratten
gezeigt, die sogar den flüchtenden königlichen Bullterrier bis aufs Skelett
kahl fressen. Die Assoziation mit dem einschlägigen Propagandafilm der Nazis
ist hier einfach unvermeidlich und scheint deshalb wohl auch gewollt.
Kurzum, Neuenfels und sein Team spielen in optisch vordergründig
spielerischer Ästhetik immerwährend auf (Ur-)Ängste der Menschen an,
unterschwellige wie offen ausgelebte, auch auf die Kämpfe um Macht, Einfluss
und ums Überleben. Darin sind die Ratten bekanntlich Meister... Eine solcher
Ängste macht sich Lohengrin zunutze, als er zum Schluss des 2. Aktes die
Macht Ortruds mit dem gegen sie gehaltenen Kreuz zurückweist und sie
daraufhin zu Boden sinkt. Graf Dracula konnte man sich auch so vom Leibe
halten, wenn er trotz Knoblauchs einmal auf der Matte stand… Weitere
Beispiele für das metapherhafte Andeuten von Ängsten sind der bereits auf
einem Totenkahn herein kommende Schwan und wenn in Elsas Wahnvorstellungen
eben dieser Kahn mit den vom Schwan allein übrig gebliebenen Federn aus dem
ebenfalls wie in einem im Labor stehenden Ehebett hervor steigt, ohne dass
es Lohengrin bemerken kann.
Dennoch gerät das Konzept des Labors mit Ratten im 2. Akt aus dem
Gleichgewicht, auch wenn von der Thannen sie ständig durch eine Metamorphose
gehen lässt. So sind sie auch mal im gelben oder schwarzen Smoking mit
Rattenköpfen zu sehen, während ihre durchaus effektvollen
Ratten-Neoprenanzüge mit langen Schwänzen an Kleiderhaken über der Bühne
baumeln, ihre Träger aber immer noch die Rattenfüsse haben und damit wedeln
und - bisweilen allzu laut - herumtapsen. Am Ende sind sie alle, sogar die
LaborhelferInnen, zu Lohengrin-Anhängern mutiert… Während die zerborstene
Kutsche mit dem tot daneben liegenden Pferd zu Beginn des 2. Aktes nur
bedingt den Gemütszustand Ortruds und Telramunds in einer zur Produktion
passenden Weise wiedergeben, wird der Brautchor mit den in ihrem grellen
Bunt den lustigen bunten Hütchen auf den großen Eisbechern à la Hollywood in
einer ganz persönlichen Erinnerung des Kostümbildners gezeigt. Wenn dann die
Rattenherren auch noch an den Schwänzen der farbenfrohen Damen ziehen,
übertritt die Optik die Grenzen zum slap stick und streift jene des
Kitsches. Aber offenbar sollte es ganz absichtlich auch etwas Hollywood und
gar Bollywood sein. Amerikaner werden solche Szenen eher mit Las Vegas
assoziieren. Mit Wehmut erinnerte man sich da sogar an den fantasievollen
gefiederten Brautchor von Barry Kosky in Wien… Auch ist nicht
nachvollziehbar, warum Telramund und seine Mannen beim Mordversuch an
Lohengrin als Ratten auftreten müssen, wo zumindest Telramund bis dahin
immer als Mann dargestellt wurde. Ebenso wie Ortrud, die selbst mit ihrer
abgetakelten Königinnen-Aufmachung im Finale noch als menschlich dekadentes
Wesen firmiert.
Umso intensiver wirkte damit aber die Dramaturgie der Elsa, die gleich zu
Beginn neben dem „Eindringling“ Lohengrin als das einzig wirklich menschlich
denkende und leidende Wesen erscheint und - ebenso wie der Schwan im Laufe
des Abends - durch eine Metamorphose geht. Im 1. Akt ist sie die bereits
optisch (mit Pfeilen) schwer Verwundete, sieht aus wie die Schwester des
heiligen Sebastian. Sie ist laut Neuenfels in einem „aufgerissenen, offenen,
extrem gefährdeten Zustand“, und somit ein leichtes Spiel für Ortrud, die -
ein geschickter dramaturgischer Handgriff - als einzige das Frageverbot von
Lohengrin belauscht (alle anderen verließen zuvor fluchtartig den Ort des
Geschehens). Damit erringt Ortrud als einzige die Macht des Wissens. Im 2.
Akt trägt Elsa im Glanz ihrer kommenden Hochzeit ein weites weißes
Schwanenkleid, und im 3. Akt, „auf dem Scheitelpunkt der Utopie, ummittelbar
vor der Zerstörung, zeigen wir sie pur“, sagt Neuenfels, „als moderne
zeitlose Frau“, im Petticoat übrigens. Die Liebe zwischen Lohengrin und Elsa
beginnt sofort nach seinem Erscheinen als durchaus menschlich berührend,
endet aber im Brautgemach in einer unglaublich intensiv gestalteten
Auseinandersetzung, die fast in einer Vergewaltigung gipfelt - und damit im
Desaster der Einsicht, dass der Traum des Funktionierens von blindem
Vertrauen und weltumstürzender Liebe nicht funktioniert. Und dabei beruft
sich Neuenfels auf eine Aussage Wagners, dass Mann und Frau als System nicht
funktionieren. „Eine brutale These in einem Märchen von höchster
Komplikation“ - das ist „Lohengrin“ nach Neuenfels. Die Utopie der
Kompatibilität von Mann und Frau bleibt eine solche, trotz des verzweifelten
Versuchs des Gralsboten.
Jonas Kaufmann sang den Schwanenritter mit nahezu unglaublicher
emotionaler Intensität und vokaler Strahlkraft. Schon optisch eine
Idealfigur für die Rolle, wirkte sich sein starkes Charisma äußerst positiv
auf die Glaubhaftigkeit seiner Mission in diesem desolaten und mit Tretminen
gespickten Umfeld aus. Immer wieder ging Kaufmann mit einem einfühlsamen
Legato an die Gesangslinie heran, ließ auch viel Italianitá hören, um dann
ohne Mühe tenoral kernig leuchtende Höhen zu singen, die jedoch immer viril
baritonal unterlegt sind. Allein, manchmal wurde es mit seiner ganz offenbar
vornehmlich im italienischen und französischen Fach verankerten
Phrasierungs- und Pianokultur doch ein wenig zu viel, und eine intensivere
Tongebung wäre wünschenswert gewesen. Annette Dasch, ebenso wie Kaufmann mit
ihrem Bayreuther Debut, sang eine wunderbar klare und eindringliche Elsa mit
leuchtendem und gestaltungsfähigem Sopran, der ebenso wie Kaufmann auch sehr
wortdeutlich war. Allein bei den dramatischeren Höhen merkte man eine
leichte Annäherung an stimmliche Grenzen. Sie gestaltete ihre Rolle
ebenfalls mit großer Emotionalität und Intelligenz und zeigte die
verschiedenen Phasen ihrer Metamorphose auf sehr überzeugende Weise. Eine
weitere Freude war es, den König Heinrich von Georg Zeppenfeld zu hören,
ebenfalls Bayreuth-Debutant. Er sang den Vogler mit einem prägnanten, eher
hellen Bass, mit bester Artikulation und Phrasierung, die intensiven
emotionalen Verwerfungen der Figur, wie sie hier gezeigt werden, auch
stimmlich unterstreichend. Evelyn Herlitzius, dagegen eine
Bayreuth-Veteranin, ließ zwar einmal mehr ihre stimmliche Intensität und
darstellerische Ausdruckskraft hören bzw. sehen. Es wurde aber doch
offenbar, dass der Registerbruch in den unteren Lagen und die allzu laute
Tongebung, um es diplomatisch zu sagen, in den berüchtigten Höhen der Ortrud
mittlerweile Grenzen aufzeigen, die durch ihre darstellerische Intelligenz
nicht mehr ganz wett gemacht werden. Ihr Telramund war Hans-Joachim
Ketelsen, der für den kurz vor der Premiere ausgestiegenen Lucio Gallo
eingesprungen war. Er blieb der Rolle einiges schuldig, stimmlich durch
einen manchmal allzu deklamatorischen Gesangsstil, aber auch darstellerisch,
was sicher auch auf die sehr kurze Probenzeit als Einspringer zurückzuführen
ist. Samuel Youn sang einen klangschön prägnanten und wirklich weithin zu
vernehmenden Heerrufer, eine hervorragende Leistung auch in dieser Rolle.
Stefan Heilbach, Willem van der Heyden, Rainer Zaun und Christian
Tschelebiew waren sehr gute Edle.
Andris Nelsons aus Riga, mit 31 Jahren einer der jüngsten Bayreuther
Festspiel-Dirigenten, feierte mit seiner Leitung des Festspielorchesters
einen großartigen Einstand, auch wenn er vom Publikum dafür nicht mit dem
entsprechenden Applaus gewürdigt wurde. Möglicherweise war bei seinem ersten
Einzelvorhang nicht gleich klar, dass es sich um den Dirigenten handelte, es
wirkte jedenfalls so. Das Orchester ließ unter seiner Hand einen wundervoll
transparenten und zügigen „Lohengrin“-Klang vernehmen, manchmal verklärt,
dann wieder beschwingt und an den entsprechenden Stellen auch sehr dynamisch
- nie aber pathetisch, wie es der Idee des Regieteams entsprach. Nelsons
ließ die Musik aus sich selbst und in Bezug zum Geschehen auf der Bühne
sprechen und hielt sich mit einer allzu eigenen Akzentsetzung zurück. Man
merkte zu jedem Zeitpunkt, dass die großartigen Bayreuther Orchestermusiker
gern mit ihm musizierten, und dass dabei sein Alter und die noch relativ
begrenzte Erfahrung keinerlei Rolle spielten.
Das Ende dieses „Lohengrin“ kam, wie es bei Neuenfels nach der Sicht der
Dinge bis dahin kommen musste. Statt eines netten kleinen Gottfried
entsteigt dem unter einem Leichentuch verborgenen Schwanen-Ei ein hässlicher
Fötus, scheinbar eine Fehlgeburt, der selbstbewusst seiner Schale entsteigt
und die Nabelschnur provokativ auf die angesichts eines solchen Anblicks und
der damit zu erwartenden Zukunftsaussichten Sterbenden wirft. Den Fötus gab
es allerdings auch schon in der Fruchtblase bei Barry Kosky in Wien.
Lediglich Lohengrin bleibt hier übrig und geht entnervt auf das Publikum zu
- nun ist es an ihm, darüber nachzudenken, was sich ändern muss…
Klar, dass nach z.T. frenetischem Applaus für die meisten Solisten
nach diesem Geschehen dem Team Neuenfels/von der Thannen ein großer Buhsturm
entgegenschlug, der aber gleichwohl von den Applaudierenden überboten wurde.
Es ehrt den Regisseur, dass er den Protest verständnisvoll entgegen nahm und
sich freundlich bei jenen bedankte, die die Sache anders sahen. Jedenfalls
ist für weiteren Gesprächsstoff gesorgt, und das tut Bayreuth immer gut… |
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