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Ruhr-Nachrichten, 27. Juli 2010 |
Von Lorenz Tomerius |
Wagner: Lohengrin, Bayreuth, 25. Juli 2010
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Rattenplage in Bayreuth
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BAYREUTH. Höchst zwiespältig wurde zur Eröffnung der 99.
Bayreuther Festspiele die Neuproduktion von Richard Wagners "Lohengrin"
aufgenommen. Hans Neuenfels Inszenierung, sein Debüt auf dem Grünen Hügel,
ist eine Rattenplage in Bayreuth. |
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Ritter,
Edle, Damen und Kinder wuseln in einem Mix aus Knast und Klinik, von grünen
Laborkräften in Schach gehalten, als Ratten herum. Schwarz oder Weiß und
rosa Rattenkids mit Gazemasken, roten Augen, langen Schwänzen, hellen Händen
und Füßen. Sie verlassen nicht etwa ein sinkendes Schiff. Nach dem Tod des
Patriarchen Wolfgang leiten seine Töchter aus erster (Eva Wagner-Pasquier)
und zweiter Ehe (Katharina Wagner) das 99. Festival gemeinsam.
Musikalisch brillant
Die Aufnahme des neuen "Lohengrin" ist zwiespältig. Musikalisch brillant
wird von Andris Nelsons ein homogenes Sängerensemble frisch und einfühlsam
geführt. Jonas Kaufmann spannt als Lohengrin, der um Elsa kämpft, einen
bewegenden Bogen bis zum Abschied. Annette Dasch (Elsa) hat reichlich
Gefühl, das mit dem aggressiv intriganten Part von Evelyn Herlitzius als
Ortrud lebhaft kontrastiert.
Georg Zeppenfeld ist ein eindrucksvoller König Heinrich. Alle fesseln und
beglücken, Eberhard Friedrichs Chor nicht minder. Die fast zornige
Enttäuschung richtet sich gegen Regie (Hans Neuenfels) und Ausstattung.
Großes Ei enthüllt
Man hat nichts gegen Ratten, aber wüsste gern, was das soll. Neuenfels, mit
fast 70 Jahren als alter Hase des Regietheaters immer noch jünger, wacher,
witziger, erfinderischer als manch Junger, will dem Mythos und dem gläubigen
Publikum ans Leder. Die Schwanenembleme werden nicht ohne Häme variiert. Auf
den Kostümen als Signet, als Schwanenfigur gefiedert oder erbärmlich
gerupft, in schwarzem Sarg ins Problem beladene Ehebett geschmuggelt oder
gegen Ende als großes Ei enthüllt.
Da zeigt sich der brisante Knüller: der junge Gottfried, der sonst als
Heilsbringer von Lohengrin zurückgelassen wird, weil Elsa die Liebe und Ehe
vernichtende Frage nach dem Namen doch stellt, ist ein Gen-verkorkstes
faltig hässliches Gnomenbürschchen, das sich die Nabelschnur vom Leibe reißt
und unters Volks wirft. Heil ist von ihm nicht zu erwarten.
Gute Personenführung
Die großen Fragezeichen, die Neuenfels anreißt, die Wahrheiten, nebulös per
Video unschlüssig behauptet, sind nur intellektuell verspielter fauler
Zauber. Dafür entschädigt seine oft brillante musikkonforme Personenführung.
Das macht den Abend doch sehens- und hörenswert.
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