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Tages-Anzeiger, 04.04.2010 |
Anna Kardos |
Liedmatinée, Zürich, 24. Oktober 2010
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Strahlend düsterer Jonas Kaufmann
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Zürich, Opernhaus - «Es ist so süss zu scherzen, mit Liedern und mit
Herzen.» Die erste Zeile aus Schumanns «Der Hidalgo» offenbart das Credo von
Jonas Kaufmann. Man ist froh um die schalkhaft-beschwingte Darstellung eines
singenden Herzensbrechers, der schönen Frauen und zitternden Rivalen mit
Musik und Degen beizukommen weiss. Die meisten anderen Lieder an diesem
Sonntagmorgen sind nämlich düster. Nein, der Sänger und sein Pianist hatten
wahrlich keine heitere Matinée im Sinn, als ihre Wahl auf Mahlers
Wunderhorn- und Kindertotenlieder und verschiedene Liedkompositionen von
Schumann fiel. Denn die besungenen Liebes-, Soldaten- oder Familienleben -
sie stehen unter keinem guten Stern. Höchst beklemmend ist das anzuhören,
aber ebenso wunderbar, vor allem, wenn der deutsche Tenor die Lieder und
Leben zu Gehör bringt. Mal mit beeindruckender Tragweite, mal
bruchstückhaft, als würde er sich eben eines Traumes erinnern, setzt
Kaufmann seine Stimme ein. Kein Aspekt, keine Stimmung, die er nicht
beleuchten würde. Und dabei liegt ihm - wie auch seinem Begleiter Helmut
Deutsch - jede Manieriertheit fern. Als gewiefter Korrepetitor hat es
Deutsch nicht nötig, stilisierte Trommelwirbel naturalistisch nachzumalen.
Viel lieber schafft er mit wenigen Tönen Ruhepunkte, bereitet die Bühne für
den Tenor oder nimmt Stimmungen vorweg wie in Schumanns «Belsazar». Da
reichen vier Takte taumelnden Klaviervorspiels, um zu wissen: Mit Belsazar
wird es böse enden. Nicht so mit Kaufmann. Bei Schumann fragt sich der
Hidalgo, ob er wohl Blumen oder Wunden nach Hause tragen werde. Im Fall von
Jonas Kaufmann ist die Antwort auf diese Frage klar. |
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