Hamburger Abendblatt, 20. Mai 2010
Von Joachim Mischke
Operngala, Hamburg, 19. Mai 2010
Deutsche Wertarbeit und italienische Sahnehäubchen
 
Lockenkopf-Charmebolzen Jonas Kaufmann wurde für seine Arien-Gala in der Laeiszhalle gefeiert. Besonders Wagner gelang ihm als wahre Wonne.
Hamburg. Am Ende, nach fast gut zwei Stunden, wurde es dann doch noch sehr italienisch: Mit seiner vierten, heftig bejubelten Zugabe – „E la solita storia“ aus Cileas „L’Arlesiana“ – rückte Jonas Kaufmann bei seinem Konzert in der Laeiszhalle endgültig von der Maxime ab, sich einen Abend lang ausschließlich im deutschen Fach zu profilieren.

Nach Lehàrs Wunschkonzert-Kracher „Freunde, das Leben ist lebenswert“ drängte es ihn mit der Blumenarie aus „Carmen“ und dem „Tosca“-Tränendrücker „E luce-van le stelle“ aus den Stilgrenzen seiner letzten CD. Dem Publium war’s nur recht, schließlich ist der andere Lockenkopf-Charmebolzen neben Rolando Villazón ein Sänger, der sich in vielen Sparten austestet und für seine Fans in allen eine gute Figur macht. Doch ganz so rundumrepertoiregenial ist Kaufmann doch nicht.

Sein „Gott, welch Dunkel hier“ litt unter dramatischer Überfrachtung, die Beethovens klaren Stil vernebelte. Dafür wurde es danach sehr angenehm – und blieb auch so. Taminos bezaubernd schönes Bildnis erfüllte diesen Anspruch, beim Waldspaziergang des strammen Max aus Webers „Freischütz“ hätte man sich die Bühne dazu gewünscht. Und auch und erst recht mit Wagner ist Kaufmann im Zentrum seiner Stimmcharakteristik und Ausdrucksvielfalt: Die „Walküre“-Winterstürme waren wahre, weichgewobene Wonne, die Gralserzählung des Schwanenritters Lohengrin leider nur eine Kostprobe.

Begleitdirigent Michael Güttler überzog allerdings gerade bei diesen Bravourstücken und den dazwischengegebenen Vorspielen nach dem Motto „Hau rein, is’ Wagner“. Er überspielte wie ein sportiver Oberkellner, der partout seinen Trinkgeld-Rekord verbessern will; das Münchner Rundfunkorchester tat erfreulich viel, um sich davon nicht anstecken zu lassen. Dem Star des Abends war’s egal, er war in Geberlaune.






 
 
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