München – Fidelio an der Bayerischen Staatsoper: eine herbe
Enttäuschung! Eigentlich müsste der Staatsintendant zu Beginn
der Aufführung vor den Vorhang treten und folgende Ansage
machen: So schlecht wie diese Produktion ist Beethovens Oper
nicht! Ärgerlich ist das Ganze nicht nur (aber auch wegen)
Calixto Bieito, der sich und das Publikum in nachgerade
grotesken Selbstzitaten erschöpft. Die Männer sind gewalttätig,
unternehmen ab und an einen (Selbst)Mordversuch. Die Frauen
agieren nicht viel besser, sie kriechen mit verschmiertem
Lippenstift herum und lüpfen bisweilen ihr Hemdchen. Nun mag man
von Bieito ja einiges an Konzepthuberei – oder auch mal
gedankliche Flachreliefs – gewohnt sein, immerhin stimmt
normalerweise die Personenführung. Hier passt gar nichts
zusammen, keine Figur geht einem nahe, nichts berührt wirklich.
Wo Beethoven die Rettung eines Unschuldigen durch seine als
Mann verkleidete Ehefrau (und ein Bündel von Machtkonflikten)
zwar dramaturgisch problematisch, aber musikdramatisch präzise
und wirksam gestaltet, bietet Bieito alberne, uninspirierte
Turnübungen. Das Ergebnis ist ein sinnloser, ärgerlicher und
überaus zäher Abend!
Leider stimmt auch die musikalische
Seite nicht. Daniele Gatti hechelt sich grobschlächtig durch
die Partitur, überdeckt immer wieder die Sänger, dazu kommen
erhebliche technische Mängel in fast allen Instrumentengruppen
und eine oft mangelnde Abstimmung mit dem Chor (Einstudierung
Sören Eckhoff). Anja Kampe gibt als Fidelio alles, dabei
gelegentlich mal zu viel, dann wird es klirrend scharf.
Insgesamt gelingen ihr etliche herausragende Momente. Auch
Franz-Josef Selig (als Rocco) orgelt sich sehr ordentlich durch
die Partie, Wolfgang Koch (als Don Pizarro) steht ihm vokal in
nichts nach. Blass jedoch: Laura Tatulescu (Marzelline) hat zu
wenig Farben, Jussi Myllys (Jaquino) ist stimmlich äußerst dünn.
Dafür gefällt Steven Humes als Minister. Bleibt die vielleicht
größte Enttäuschung: Jonas Kaufmann wirkt als Florestan
über weite Strecken schlicht überfordert. Ähnlich wie bei seinen
inzwischen zahlreichen Auftritten als Lohengrin klingt die
Mittellage wunderbar, wohlig warm, zum Dahinschmelzen. Aber der
Weg dorthin muss mit gepressten Kantilenen und viel Kehligkeit
bezahlt werden.