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Stuttgarter Zeitung,
27.01.2009 |
Götz Thieme |
Strauss: Rosenkavalier, Baden-Baden, 25. Januar 2009
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"Der Rosenkavalier" zur Eröffnung der Baden-Badener Winterfestspiele
(Thielemann; Fleming,Koch,Damrau,Hawlata)
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„Thielemann fasst den "Rosenkavalier" wie eine
gigantische sinfonische Dichtung auf, bindet die Gesangsstimmen beinahe
instrumental ein, selbst auf die Gefahr hin, dass sie überdeckt werden:
gerade sind sie zwar vernehmbar, textlich aber kaum mehr verständlich.
Dieser sinfonische Zugriff hat andererseits faszinierende Konsequenzen. So
werden dunkle Einschüsse hörbar, Dissonanzen aus der vorangegangenen
"Elektra", Wuchtiges der kommenden "Frau ohne Schatten". Doch indem
Thielemann die Partitur derart "chromatisiert", beschwert er sie. Zu
Thielemanns zupackendem Temperament passen besser "Elektra" und "Frau ohne
Schatten". Selbst der für leichtere Stimmen angelegte "Rosenkavalier" zeigte
jetzt, dass ein Ensemble, das etliche Vorschusslorbeeren bekommen hat, am
Abend nicht alles einlöst, was die Namen versprechen. Ein Schlag war der
Ausfall der eigentlich zentralen Figur der Oper, des Baron Ochs, der in
allen Akten präsent sein muss. Hätte Franz Hawlata ihr nur Figur und
komödiantische Spiellaune geben müssen, wäre ihm allgemeines Wohlwollen
sicher gewesen. Als Sänger blieb er ihr mit rauem Ton, schmaler Höhe und
tastender Intonation zu viel schuldig; mit diesen Mittel lässt sich ein Text
nicht charakteristisch, gar sublim gestalten. Franz Grundheber, der
71-jährige Baritonveteran als Herr von Faninal, beschämte darin den ein
Vierteljahrhundert Jüngeren. Es hätte ein inspirierender Abend werden können
in Herbert Wernickes wiederbelebter Inszenierung, die 1995 in Salzburg
herausgekommen war. Der Regisseur und Bühnenbildner hat den Sängern in
seinen kühlen Spiegelwelten viel Raum zu eigener Gestaltung gegeben. Renée
Fleming als Feldmarschallin nutzte sie mit etwas zu viel Einsatz und neigte
im ersten Akt zu einem Tennessee-Williams-haften Naturalismus, vergrub zu
oft den Kopf in den Händen. Dagegen wirkte Sophie Koch als Octavian unfrei -
und besonders erotisch blitzend ging es nicht zu zwischen der reifen Frau
und dem Hitzbub. Erhöhte Temperatur gab es beim kurzen Auftritt von Jonas
Kaufmann als Sänger, dessen breit-gaumige Tenorstimme eigentlich nicht mehr
passt zum Duktus von Strauss" Belcantoaufguss, der aber zur Komik begabt den
Italiener im Deutschen herauskitzelte. Allein, zurzeit wird man die
Feldmarschallin kaum mit schönerem Sopran, kontrollierterer Stimmführung
gesungen hören - Flemings Aufstieg zum hohen G in der "Silbernen
Rosen"-Phrase war himmlisch violettfarben und süß. Begrenzt wird die Kunst
der Sängerin nur bei den von herbstlicher Melancholie durchzogenen
Vanitas-Momenten, der Textvertiefung und dem Erfassen des mürben Gestus, den
diese Szenen fordern. Ähnlich ging es einem mit Sophie Koch, die die Partie
emphatisch, gleichwohl nicht sehr farbenreich sang. Sie erhielt den meisten
Publikumszuspruch. Diana Damraus Sophie war dagegen erfrischend keck, gar
nicht backfischig, aber stimmlich fast überfruchtig. Warum mit ihnen im
Schlussterzett der Himmel nicht aufriss: Lag es an Thielemanns langsamen
Tempo, am unbeweglichen, blicklosen Für-sich-Stehen der drei, dem überhellen
Herbstwald im Hintergrund? Sternstunden lassen sich halt nicht erzwingen.“ |
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