Regensburg
- Es ist ein festlicher Rahmen, in dem sich 3000 Freunde klassischer
Musik in Regensburg zusammenfinden: Auf dem weiten Karree des fürstlichen
Schlosshofes in Regensburg sehen sie von einer riesigen Tribüne aus auf ein
nicht minder eindrucksvolles Podium, das von einer weiten Kuppel aus
Plexiglas überspannt wird. Sollte es regnen, säßen zumindest die Künstler
und ihre Instrumente im Trockenen; heute indes wird das Dach nicht
gebraucht: Die Aufführung findet an einem selten schönen, lauen Sommerabend
statt. Begrenzt wird der in blaues, rotes und goldenes Licht getauchte
Konzert-Raum auf drei Seiten von den klassizistischen Fassaden von Schloss
St. Emmeram. Im siebten Jahr sind die "Thurn und Taxis Schlossfestspiele"
längst anerkannt, ja ein österreichisches Magazin wählte das Festival
kürzlich gar unter die zehn besten der Welt.
Orchester als Stammgast
Stammgäste unter der Bühnenkuppel sind mittlerweile die Hofer Symphoniker.
Seit 2003 wird das Orchester immer wieder eingeladen, die Großen der
Klassik-Szene zu begleiten. So hat es dem Publikum schon so manches schöne
Konzerterlebnis beschert. Nach den Sängern Lucia Aliberti und José Carreras,
einem "Night of the Proms"-Programm sowie dem Geiger David Garrett ist es
diesmal der weltweit gefeierte deutsche Star-Tenor Jonas Kaufmann, der vor
den Hofer Musikern auf der Bühne steht; gerade erst hat er in München
Erfolge gefeiert als Lohengrin, im nächsten Jahr wird er mit dieser Partie
bei den Bayreuther Festspielen debütieren.
Wie fremd dem 40-jährigen Ausnahmesänger Starallüren sind, zeigt sich in
vielen Dingen. Bereits am Vorabend war der Sänger kurzerhand nach Hof
gereist zur Generalprobe im Orchestersaal des Theaters; mit dem Dirigenten
Jochen Rieder vom Opernhaus Zürich hatten die Musiker das Programm aus Arien
und Orchesterstücken der deutschen, italienischen und französischen Romantik
bereits seit Montag geprobt. Problemlos nimmt der Sänger hin, dass das
Orchester in Regensburg verspätet ankommt: Wegen eines Unfalls hatte es
einen großen Umweg fahren müssen. Während nun, wenige Stunden vor dem
Konzert, im Schlosshof, in der Hitze unter der Bühnenkuppel, letzte
Abstimmungen auch mit der Technik getroffen werden, schaut Jonas Kaufmann im
ersten Stock kurz aus dem Fenster. Und nachdem Dirigent und Musiker die eine
oder andere Passage aus dem Intermezzo aus "Cavalleria rusticana" angespielt
haben, kommt er hemdsärmelig und mit offenem Kragen, eine Flasche Wasser in
der Hand, auf die Bühne, lächelt nach allen Seiten und singt zwei Arien aus
der Verdi-Oper "Tosca" - zum Aufwärmen; die ganz hohen Töne lässt er hier
noch weg. Zwei Stunden später werden sie zuverlässig kommen: klar und
kraftvoll.
Noch kurz vor dem Konzert, während sich die Hofer Symphoniker etwas von
ihrer strapaziösen Anreise erholen und einen Imbiss zu sich nehmen, geht
Fürstin Gloria von Thurn und Taxis durch die zur Garderobe umfunktionierten
Prachträume und begrüßt die Künstler. Für "nach der Show" lädt sie Jonas
Kaufmann zu einem späten Essen ein.
Dann wird es ernst. Schon hat die erste Fanfare die Besucher von den
Café-Tischen im Schlosspark auf ihre Plätze gerufen. Die Ränge füllen sich
zusehends - Kaufmann-Fans in Jeans und Baumwollhemd suchen genauso ihre
Plätze auf wie Damen in Abendrobe und Herren im Smoking. Mit der Ouvertüre
zur Verdi-Oper "Die Macht des Schicksals" beginnen Jochen Rieder und die
Hofer Symphoniker das Programm, in dem das Orchester neben dem großen Star
durchaus als gleichberechtigt agiert: Unter der Leitung des umsichtig, mit
kleinen, aber bestimmten Gesten leitenden Dirigenten aus der Pfalz ernten
die Musiker viel Beifall - für ihre eindrucksvolle Interpretation der
rossinischen "Wilhelm Tell"-Ouvertüre zu Beginn des zweiten Teils sogar
Bravo-Rufe.
Die sind von Anfang an - zunächst vereinzelt von den echten Fans auf den
oberen Rängen, am Schluss dann in Chören - vor allem Jonas Kaufmann
zugedacht. Seine anspruchsvollen Arien - insbesondere die wunderschöne
Gralserzählung aus Wagners "Lohengrin" - gestaltet er auch unter den
schwierigen akustischen Freiluft-Bedingungen überaus eindrucksvoll und
ausdrucksstark.
Hierauf reagiert das Gros des Festival-Publikums zwar noch mit eher
verhaltenem Applaus. Als er und das Orchester dann aber mit den vier (!)
Zugaben bekannte Stücke aus dem Tenor-Repertoire wie Lehàrs "Freunde, das
Leben ist lebenswert" oder "La donna è mobile" aus Verdis "Rigoletto"
präsentieren, gibt es auch in den vorderen Reihen kein Halten mehr: Stehend
applaudieren nun alle. Sie jubeln, stampfen und bereiten damit allen
Künstlern einen triumphalen Abschluss dieses schönen Konzertabends in
fürstlichem Ambiente.
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